Olrik Kohlhoff, Johanna Ludwig, Hein Lüth (v.l)

Galerie Lüth: Eintauchen in andere Welten

Schwarze Romantik, Science Fiction oder Traumwelten?

Zwei Künstler, ein Paar. Berührungspunkte in der Thematik, elementare Unterschiede in der Bildsprache. Heute wurde in der Galerie Lüth eine Gemeinschaftsausstellung der beiden Kieler Künstler Olrik Kohlhoff und Johanna Ludwig unter dem Thema : "Titel wird nachgereicht" eröffnet.

Dass es mit dem Titel nun doch kein künstlerischer Irritationsversuch, sondern ein Versehen des Galeristen war, nutzte Redner Dr. Jens Rönnau aus Kiel, um seine Laudatio fröhlich locker einzuleiten.

Und manchmal ist es wirklich besser, die Dinge, bzw. die Kunst nicht gewaltsam unter einen Hut kriegen zu wollen. Auch nicht unter ein Label. Da fällt mir sofort ein, dass Olrik Kohlhoff seine Bilder nicht selten in der Art von frühen Comics oder Karikaturen zu "beschriften" pflegt. Nicht ewas unten drunter, dass es sich z.B. nicht um eine Pfeife handle, sondern gerne wie eine Überschrift. Diese hat je nach Thematik unterschiedliche Funktion. Häufig hebt sie das Pathos oder die vermeintlich romantische Stimmung des Bildes auf, führt sie ad absurdum oder ironisiert die dargestellte Situation. Macht aus einer Naturstudie eines Singvogels ..... Aber sehen Sie selbst.

Calvados für BirminghamInteressant die von Kohlhoff meisterlich verwendete Mischtechnik aus naturgetreuer Kohlezeichnung und Über- bzw. Vermalung mit Aquarellfarbe. Besonders "satt" auf Japanpapier. Hier entstehen Stimmungen und Farbgebungen, die an Buchillustrationen des 19. Jahrhunderts erinnern oder an wilhelminische kolorierte Ansichtskarten. Auch dort die Schrift. Vom Sujet her aber keine Süßlichkeiten! Eher surrealistische Szenen, so die Tankstellen und Villenbilder oder der Pegasusreiter über Birmingham. Oder aber ein Alltagsobjekt wie eine halbverbrauchte Aspirinpackung mit den Worten: "industrielle Heilung". In nur zwei Wochen entstand die monumentale Kohlezeichnung "Jäger" (Lebensgröße?, wenigstens fast...). Ein Freund des Künstlers in Jagdoutfit mit Gewehr auf einer Wiese. Halb liegt er, halb schwebt er. Gehört schon irgendwie in die Szenerie von lieblicher Wiesen- und Waldlandschaft. Ist aber im wahrsten Sinne außer Gefecht gesetzt, fragt sich, wodurch. Träumt auch er? Alles wirkt durchaus friedlich...

Hansi Marx"Die Wurzel aller Bilder ist im Kopf des Künstlers", so Rönnau. Wohl wahr. Und die Bildideen kommen als Gedankenblitze der Wahrnehmung, der Erinnerung an Gesehenes und Erlebtes, Geschriebenes, Gesagtes, Gefilmtes und Empfundenes und und oder oder. Hier gibt es kein Patentrezept, noch nicht einmal, wenn wir nur einen Künstler unter die Lupe nehmen.     

Die Kunstgeschichte bietet uns Anhaltspunkte durch den Vergleich mit vergangenen Strömungen. Goyas Schlaf der Vernunft, Füsslis Nachtmahr, Max Ernst, René Margrittes Herrschaft des Lichts "Irrealismus". Das Reich des Schlafes und der Träume, Fantasie überhaupt und ein Augenzwinkern nicht zu vergessen: Hansi Marx.

Johanna Ludwig arbeitet ebenfalls grafisch. Vorzugsweise mit dem Bleistift oder druckgrafisch. Dann bedient sie sich u.a. des Holzschnitts, des Linolschnitts und des Siebdrucks. Alltagseindrücke, akribisch realistisch gezeichnete Landschaften und streng ausgearbeitete moderne Architektur belebt sie in der Serie großer Handzeichnungen unter dem Titel "Sie kommen ..." durch eher an Science fiction erinnernde Elemente wie Roboter, Ufos oder auch Riesenechsen.

"Es sind die klischeehaftesten Klischees, die uns die Künstlerin hier zumutet", so Dr. Jens Rönnau. Wobei er sofort einräumt, dass man diese aber dennoch oder auch nur gerne erträgt, weil sie dieses mit einem "diabolischen Augenzwinkern" täte.

Sie kommenFreundlicher wirken die scherenschnitthaften Linolschnitte zum Thema Tannenzapfen und Waldleben. Mit einem Blick für die Geometrie in der Natur gestaltet Johanna Ludwig drollige Wesen, die einem Kinderbuch entsprungen sein könnten. Daneben stehen, ähnlich wie bei den Siebdrucken ihres größeren Künstlerbuches, rein geometrische Konstrukte sauberster Linienführung, die fast kalt wirken und ein wenig an die OpArt der späten Sechziger erinnern.

Die Künstlerfamilie lebt mit ihren drei ebenfalls gern zeichnenden Kindern in einem großen Haus mit zwei Ateliers in Kiel. Und der verspielte Blick, den sowohl Johanna als auch Olrik auf das Leben werfen, hat bestimmt auch etwas damit zu tun.

Es gibt jedenfalls wieder vieles zu entdecken unter dem Reetdach der Galerie Lüth in Halebüll.
Die Ausstellung ist bis zum 21. April 2016 zu sehen.

Andrea Claussen