Auguste Carstensen-Lenz, Rüdiger Otto-von Brocken, Jan Franzen

Kohle, Kuli, Klebe

Jan Franzen in der Stadtbibliothek Husum

Alle scheinen ihn zu kennen und er kennt sie auch. Schließlich ist Jan Franzen ein Kind der Region, wenn wir Eider und Treene mal nicht als Grenze betrachten wollen. Hattstedt und Husum haben in seiner Vita eine Bedeutung, wobei seine Grundverortung sicherlich in Seeth zu finden ist.

Der Stapelholmer Heimatkrug, seit weit über 100 Jahren im Familienbesitz, ist in den 30 Jahren unter der Regie von Ute und Jan Franzen zu einer Perle unter den Landgasthöfen geworden und der Künstler pendelt zwischen Atelier und Schankraum, wobei die Objekte und Bilder, sowie die Keramiken von Ute Franzen in den Gasträumen und der Galerie zu sehen sind. Neben Klebe, Druckprodukten (Fotos und Textseiten, Vordrucken), Verpackungsmaterial und Readymades entstehen mit Wasserfarbe, Ölfarbe, Kuli, Farbstiften sowie Kohle und Kreide, praktisch allem, was dem Künstler in die Hände fällt, Grafiken, Collagen und Gemälde.

Gemeinsam mit seiner Frau schuf er eine Reihe von Streichholzschachtelobjekten, die im Geiste der PopArt augenzwinkernd den Alltag beleuchten, z.T. einfach auch für den Käufer witzige Erinnerungen an einen Besuch im Stapelholmer Heimatkrug darstellen.

Diese sind allerdings nicht in der Husumer Ausstellung zu sehen. Hier geht es ausschließlich um Bilder, die fast alle Elemente der Collage enthalten. Etwa alle fünf Jahre probiere er etwas Neues aus, so Franzen auf der Ausstellung. In der Phase vor der jetzigen sei es großformatige Malerei in schwarz gewesen. Einige dieser Werke habe er malerisch und durch Elemente der Collage weiterbearbeitet. Diese Bilder hängen in der aktuellen Ausstellung. Auffällig erscheint mir die häufig vorkommende Zweiteilung der Bildflächen, was eine Assoziation in Richtung "aufgeschlagenes Buch" hervorruft. Verstärkt wird dieser Eindruck durch das Künstlergespräch, das Rüdiger Otto- von Brocken von den HN mit Jan Franzen anlasslich der Vernissage führte. Hier brachte der Künstler mehrfach übermalte Bücher bzw. ein handschriftliches Buch seines Vaters zur Sprache. Einerseits würde er es gerne weiterbearbeiten, andererseits scheue er noch davor zurück. Buch und Schrift sind ihm wichtig, was auch mit dem beruflichen Werdegang und einer Ausbildung zum "Schaufenstergestalter", wie es damals hieß, zu tun haben mag. Jedenfalls sind auf vielen Bildern, ebenso in seinen Skizzenbücher, grafische Elemente zu erkennen, die auf Schrift hindeuten. Reihungen von kleinen Kreisen, Kreuzchen, Bögen. Ja sicher, sie könnten auch Dachziegellinien oder Meereswellen in kindlicher Manier darstellen. Das nachempfinden spontanen kindlichen Gekritzels, dessen Unbefangenheit wesentlich schwerer "nachzumachen" ist, als man gemeinhin annimmt, ist mit Sicherheit ein durchgängiges Element in Franzens Arbeit. So auch die mit weißer Kreide oder Filzstift gezogenen "Schwungübungen". Launigerweise hatte er zur Vernissage auch ein "Frühwerk" von 1968 mitgebracht: "Wie Sie sehen, hat sich ... nicht allzu viel verändert!"

Als Künstlerfreunde nennt Jan Franzen Manuel Knortz und Ulrich Schmied, erwähnt auch Günther Skrotzki, Schmieds Vater, der jahrzehntelang in seinem Hattstedter Haus an der Hauptstraße seine spätexpressionistischen Bilder zeigte. Sein wichtigstes Vorbild in der Malerei, besonders von der Farbigkeit her, sei Emil Schuhmacher. Franzens Vorliebe für Strich und Linie lässt seine Bilder jedoch deutlich anders wirken als die Schuhmachers. Allerdings zeigt sich die Nähe zum Malervorbild in den gemalten Miniaturen (es gibt auch Minicollagen und Mischtechniken). Diese zeigt er in der Stadtbibliothek in einer Vitrine. Trotz des wirklich kleinen Formates von nur 7 cm kann man sich richtig an ihnen festsaugen und vielleicht sogar genau so viel darauf entdecken wie auf Franzens Großformaten.

Die Ausstellung, noch von dem leider früh verstorbenen ehemaligen ersten Vorsitzenden des Kunstvereins Husum und Umgebung Rolf Brendler vermittelt, dauert vom 12. Mai bis zum 29. Juli 2016 und ist zu den üblichen Öffnungszeiten der Bibliothek zu sehen.

Andrea Claussen