Hebben und Sien - eine gute Idee

Wie kann man ein historisch sehenswertes Gebäude, das nicht sehr stark verändert werden darf, nutzen und gleichzeitig der interessierten Öffentlichkeit zugänglich bzw. schmackhaft machen? Nein, hier wird nicht auf Kulinarisches angespielt!

Es geht um das Herz Husums, um eines seiner ältesten Stadthäuser direkt am Markt zwischen dem Haus mit den sogenannten Rebellenköpfen (die keine sind) und dem alten Rathaus. Es ist das "Stadthaus der Herzogin Augusta", errichtet als Einheit mit dem Nachbarhaus im Jahre 1580, 1624 von ihr als Kontorhaus übernommen.

Vor vier Jahren erwarb es der langjährige Leiter des Husumer Jugendzentrums, Bernd Biermann, und machte eine sagenhafte Entdeckung: Bei der Demontage der Deckenabhängung stieß er auf eine originale plastische Themendecke aus der Renaissance. Um das zentrale Motiv eines aus dem Feuer aufsteigenden Phönix reihen sich Motivarrangements vornehmlich aus etwa faustgroßen Früchten und Blättern bestehend, die eingerahmt von geometrischen Formenfeldern aus Stuckleisten die langen Deckenfelder zwischen den ebenfalls mit "Stuckleisten" verzierten tragenden Balken füllen. Nur ist dieser Stuck nicht aus reinem Gips, sondern aus ungebranntem Ton, der mit einer Kalkschicht überzogen wurde. Biermann selbst unterstützte die aufwändige Restaurierung, welche von Fachleuten für die Restaurierung von Decken aus dieser Periode drei Jahre lang vorgenommen wurde. Die obere Behörde für Denkmalschutz in Schleswig-Holstein investierte in dieses einmalige Projekt eine Summe von 144.000€. Die Wände der ursprünglich je zwei in erster und zweiter Etage über einander liegenden Räume, zwei größere nach vorne (Süden, mit Blick auf den Marktplatz) und zwei kleinere nach Norden, wurden bis auf die unterste Schicht freigelegt. Dabei blieben gut erkennbare Teilflächen der Tapeten oder Bemalungen stehen, sodass der Besucher sie wie eine Landkarte lesen kann.

Aufgrund der wärme- und feuchtigkeitsempfindlichen Decke und des Wunsches, die Wände so zu belassen, engte sich der Nutzungsspielraum für den Besitzer stark ein. Nun gibt es eine sehr schöne Lösung:

Das Künstlerpaar Sigrid Stegemann und Nikolaus Kramer füllten die Räume mit Inhalt. Die Galerie Hebben und Sien zeigt wechselnde Kunstausstellungen, die nicht nur von professionellen Künstlern und Künstlerinnen aus Nordfriesland bestückt werden, und verkauft erlesenes Kunsthandwerk aus der Region. Kunst und Kunsthandwerk finden immer wieder zusammen, zuerst in der Arts and Craftsbewegung im England des 19. Jahrhunderts, dann im Jugendstil und am Bauhaus.

Auch die Betreiber der Galerie, Sigrid Stegemann und Nikolaus Cramer, begannen ihre Karriere als Studenten der Werkkunstschule in Flensburg. Sigrid Stegemann ging dann noch an die Academia di Belle Arti in Carrara, um dort ihre Ausbildung als Bildhauerin fortzusetzen mit Stein, Marmor, Bronzeguss. Heute arbeitet sie auch mit Beton, Gips und anderen Werkstoffen.

Neben Skulpturen von Sigrid Stegemann finden sich im Museumsshop edle Seifen, Küchenhandtücher mit Künstlersiebdruck, Keramik, Objekte aus hiesiger Schafwolle, Buchbinderarbeiten und besondere Postkarten. Die Idee dahinter ist, dass Feriengäste sich tatsächlich einmal typische Andenken aus Nordfriesland mitnehmen können, anstatt auf gängige Souvenirs, die zum Teil  noch nicht einmal aus Deutschland stammen, zurück zu greifen. Aber auch Husumer können hier besondere Geschenke finden.

Die Ausstellung von Eva Muggenthaler aus Schwabstedt wird noch bis Mitte Mai im Stadthaus der Augusta zu sehen sein.

Andrea Claussen