„Und deine lieblichsten Gedanken, ich tauche sie in Melodie“

Unter diesem Motto wurde am 7. August der 17. Meisterkurs für Liedgestaltung im Rittersaal des Schlosses vor Husum eröffnet.

Das bewährte hervorragende Team aus dem Husumer Sänger Ulf Bästlein und dem britischen Pianisten Charles Spencer, deren gute Freundschaft und wunderbare Harmonie eine unvergleichliche Ausstrahlung hat, wurde von zwei jungen Gästen erweitert: dem österreichischen Countertenor Friedolin Obersteiner und der Pianistin Maren Donner, die im Rahmen des 14. Meisterkurses in Husum vor drei Jahren das „Isolde-Langowski-Stipendium“ erhielt.

Husum hat mit dieser Einrichtung, deren Atmosphäre so großartig ist, dass es einem unter die Haut geht, etwas wirklich ganz Besonderes.

Warum ist das so? Hier kommen, neben großzügigen Unterstützungen, sehr viele Dinge zusammen, die auf der Vielfalt der Persönlichkeiten beruhen.

Allein Ulf Bästlein, auf den Husum stolz ist, das darf einmal gesagt werden, ist ja nicht nur „einfach“ Sänger. Er ist Altphilologe und Doktor der Germanistik. Weswegen der literaturgeschichtliche Aspekt der Gesangsveranstaltungen ebenso mitreißend ist wie der musikalische. Seine Darbietungsweise und Interpretation besitzt eine derartige Intensität, dass sich seine Bühnenerfahrung nicht verleugnen ließe.

Selbstverständlich „grast“ er schwerpunktmäßig im 19. Jahrhundert, da die musikalische Epoche der Romantik hier auch die Liedkunst betreffend eine unglaubliche Vielfalt bietet.

Zudem umfasst sie eine ganze Reihe literarischer Epochen, bedingt durch die drastische Veränderung der Welt vom Feudalismus hin zur modernen Industriegesellschaft.

Von der Klassik zur Romantik: Nationalstaaten entstehen, man besinnt ich auch musikalisch auf seine Wurzeln, vom Biedermeier, wo als Folge reaktionärer Politik die Hausmusik zum Blühen kommt. Vom demokratiedurstigen Vormärz über den bürgerlichen Realismus zum drastischen Naturalismus. Als drei typische und viel vertonte Poeten ihres Jahrhundert standen in diesem Jahr der Österreicher Karl Gottfried Ritter von Leitner, geb. 1800, der Lübecker Erfolgsdichter Emanuel Geibel und Theodor Storm auf dem Programm des Gesprächskonzertes. Dr. Ulf Bästlein führte singend, rezitierend und erzählend das gebannte Publikum durch Teile des 19. Jahrhunderts. Das Ganze zu erfassen, bräuchte es mehrere Semester...

Interessant war, von den zwischen den Dichtern untereinander und auch zu den Komponisten bestehenden Verbindungen zu hören und über ihre politischen Einstellungen als Bewohner von Grenzregionen und den daraus resultierenden Konsequenzen für ihre literarische Rezeption zu erfahren. Von Leitner und Geibel,  letzterer im Übrigen der meist vertonte deutsche Dichter, wurden im 19. Jahrhundert, Storm überwiegend im 20. Jahrhundert vertont. Die These dazu: während von Leitner und Geibel sehr eingängige, aber durchaus unterschiedlich interpretierbare Texte schrieben, war Storm in seiner melodiösen Sprache und seinem an sich schon musikalischen Rhythmus viel stärker festgelegt und ließ den zeitgenössischen Komponisten nicht genügend Freiheit. Das änderte sich mit der Erweiterung des musikalischen Horizontes.

Begleitet von dem eindrucksvollen Klavierspiel von Charles Spencer und Maren Donner belebte der Kontrast der Sängerstimmen zusätzlich das Konzert. Während Bästleins volltönender Bass Bariton eine warme, erdige Basis gab, schwebte Obersteiners beeindruckender Countertenor mit gläserner Klarheit in fast abstrakter Weise darüber. Ein Konzerterlebnis, das lange in Erinnerung bleiben wird.

Das Abschlusskonzert mit Verleihung des Publikumspreises findet am Samstag (12.8.) um 18 Uhr im Schloss vor Husum statt. Karten sind auch im Vorverkauf in der Schlossbuchhandlung erhältlich.

Andrea Claussen