Besinnliches zum Jahresausklang

Wie geht es weiter nach dem misslungenen Weltuntergang

Er ist so heimeligEines ist jetzt klar: Die Welt ist nicht untergegangen. Irgendjemand hat wieder gepatzt. Ob sie wieder zur Scheibe geworden ist, wird sich in nächster Zeit herausstellen. Ich vermute es allerdings, zumindest machen die Fanatiker auf aller Welt große Schritte rückwärts, sei es in Ägypten oder in den USA, hier ist das Sturmgewehr zum Verkaufsschlager geworden. Berlusconi wird versuchen, Italien endgültig an die Wand zu fahren. Kim Jong Un will eine noch größere Rakete haben. Das deutsche Volk hat Orwell aus dem Grab gezerrt, wir wollen stärker bespitzelt werden.

Flächendeckende Videoüberwachung. Das ZDF lässt in der Serie „Downton Abbey“ den Adel nochmals untergehen. Wehmut macht sich breit. Unsere Familienministerin bringt sich geschickt ins Gespräch, sie möchte Gott entmannen und zum Neutrum machen („das Gott“ sei die richtige Bezeichnung). Außerdem entdeckt sie die Frauenfeindlichkeit in den Märchen, Pippi Langstrumpf verliert den Papa Negerkönig. Gut, der Negerkuss ist ja auch schon lange zu Schaum verkommen. Ein Schaumkuss, igitt.

Die Modemacher haben sich verschworen, in den neuen Kollektionen wird kein Busen mehr gezeigt. Nachdem der Penis lange aus der Mode gekommen ist, verschwindet der maximal apfelgroße Busen in Plastikschalen.

Aber nicht alles wird schlechter: Cindy aus Marzahn wird wahrscheinlich nach Amerika auswandern. Auf die Titelseite der New York Times hat sie es schon geschafft, als Tellerwäscherinnen-Geschichte. Die Amerikaner mögen das, es lenkt von der Hoffnungslosigkeit ab. Die spanische Weihnachtslotterie verströmt Glücksmomente. Sicher sind einige Kurzzeitreiche dabei. Die richtigen Reichen amüsieren sich, da werden Monatsgehälter ausgeschüttet, sie selbst werden immer reicher, die Armen ärmer. Ob man es glaubt oder nicht. Manager der Deutschen Bank haben die Staatsanwaltschaft im Nacken, sie geloben Besserung. Den Millionenboni tut das keinen Abbruch. Steuermilliarden verschwinden in diesem Banken-Moloch. Die Politiker erfinden immer neue Eurogräber. Wenn wir eine Energiewende wollen, dann sollen wir auch zu spüren bekommen, was es heißt, die Lobbyisten kaltzustellen. Gewinne gehören den Konzernen, Verluste bleiben beim Steuerzahler.

Forscher haben herausgefunden, dass Menschen sich bei ihren Monologen gelegentlich unterbrechen müssen, sonst geht auch die Sprache noch verloren. Verstümmelt ist sie ja schon. Die Schriftsprache ist teilweise bis zur Unkenntlichkeit degeneriert. In den Onlineforen feiert der Analphabetismus fröhliche Urständ. Macht ja nichts, Hauptsache man ist noch nicht komplett verstummt. Twittern gegen die Einsamkeit.

Was tun die Kirchen? Der Papst begnadigt seinen Kammerdiener, viel Schaden hat er nicht angerichtet. Wir vergessen schnell genug. Man möchte weinen, vor Rührung. Ein wahres Weihnachtswunder für den Mann. Gut, nach Weihnachten fliegt er aus dem Vatikanstaat raus. Wie es schein, hat sich noch niemand so richtig Gedanken über den Vatikan gemacht. Nach dem ersten vatikanischen Konzil ist er unanfechtbar, weil der Chef unfehlbar ist, zur Diktatur geworden. Orthodoxe Priester aus Griechenland horten Millionen Euro Schwarzgeld. Aber Griechenland ist ein anderes Thema.

Oh Du Fröhliche...

Wolfgang Claussen