Die Männer und die Gleichberechtigung

Was nach der ersten Gleichberechtigungswelle kam

Die Gleichberechtigung ist bei den Männern angekommen. Indes nicht so, wie die Frauen es sich vorgestellt haben. Die Männer haben sich einfach zu weiblicheren Wesen entwickelt. Heute sitzt der Mann länger beim Frisör, als es für eine Dauerwelle jemals nötig gewesen wäre. Die Haarschnitte werden mit dem Rasiermesser gestylt, Muster werden in die Haarpracht geschabt. Tattoos sollen den gestählten Körper zieren, der sich steril und komplett enthaart präsentiert. Waxing, Peeling, Piercing, Mani- und Pediküre sowie Gurkenscheiben auf den Augen. Nicht zu vergessen die morgendlichen Badezimmerrituale, die wenig dezent eingedieselte Männer hervorbringen. Innere Werte sind Muskelmasse und Fettanteil.

Damit nicht genug, im öffentlichen Raum muss das natürlich auch präsentiert werden. So kann es passieren, dass man im Straßencafé von gepiercten Brustwarzen angestarrt wird.

Wer das mit dem Bodyshaping nicht hinbekommt, kann sich von der Modeindustrie helfen lassen. Nach dem Push-up-BH für die Dame, gibt es auch die Push-up-Unterhose für den Herrn, mit Penisvergrößerung und Poheber. Das erinnert stark an Kästners „Klassefrauen“, die, „wenn es Mode wird, sich die Nägel blau zu hauen, tun sie es auch.“

Dem Gruppendiktat unterworfen, boomen die Muckibuden mit den stöhnenden Streuselkuchen, die Aufbaupräparate haben ihren Preis, nicht nur in Euro. An jeder Ecke ein neues Tattoostudio und beim Frisör ist der nächste Termin frühestens in zwei Wochen in zwei Wochen zu haben.

Natürlich sind der fette Wanst, dem die Anziehungskraft der Erde deutlich zu schaffen macht, dazu kurze Hosen, Sandalen und Socken nicht der passende Gegenentwurf. Allerdings sieht die Modediktatur in diesem Jahr die kurzen Hosen mit Socken und Sandalen für den korrekt gestylten Mann vor, natürlich vorbildlich mit Jackett. Ein totaler Verfall der Kultur, den diese Männergeneration einleitet.

Nachdem die erste Gleichberechtigungswelle die Softies hervorgebracht hatte, kommt jetzt die sogenannte Welle der Spornosexuellen (zusammengesetzt aus Sport und Porno). Balotelli und Ronaldo sind die Gurus. Auch Russlands Regierungschef Putin gefällt sich in martialischer Pose mit freiem Oberkörper. Alice Schwarzer hat sich noch nicht geäußert.

Und es kommt noch schlimmer. In der ZEIT war zu lesen, dass jetzt die Aerosexuellen kommen. Kalkweiße Männerbrüstchen ziehen blank.

Eigentlich hilft nur noch der Umzug nach Malle, da kostet der entblößte Oberkörper in der Stadt bis zu 200 Euro Strafe. Wer hätte das jemals vermutet? Mann sein ging früher anders, immerhin haben die Gecken jetzt den Vollbart für sich entdeckt.

Wolfgang Claussen