Merkel muss weg - oder der Schwachsinn in der politischen Diskussion

Der Populismus hat die gesamte Politik überrollt. Niemand scheint eine Lösung für dieses Problem zu finden. Trump, Le Pen oder Wilders, sie alle bedienen die niedrigen Instinkte der Menschen. Angst vor allem Unbekannten, vor der Zukunft, um den Arbeitsplatz oder die Besitzstände.

Das Schlimme ist, sie prangern nicht nur offensichtliche Missstände an, sondern sie nutzen diese berechtigte Kritik, um ihre kruden, rechten Nationalfantasien zu befriedigen. Noch schlimmer ist, dass es damit fast unmöglich wird, die offensichtlichen Ungerechtigkeiten zu kritisieren. Und derer gibt es viele.

Merkel muss weg, und dann? Dann kommt der dicke Gabriel. Das würde aber nichts ändern, er ist aus dem gleichen Holz geschnitzt. Oder Seehofer? Dieser Fischer am rechten Rand wird auch nichts ändern.

In der Anfangszeit der Grünen war ich aktiv dabei. Schon damals war klar: Wenn die jemals die Macht bekämen, würde ich auswandern. Ich wollte nur helfen, die Zerstörung unserer Welt zu verhindern. Das Erwachen kam schnell. 1985 wurde Joschka Fischer Umweltminister in Hessen und er genehmigte Atommülltransporte, während seine Basis auf der Straße hockte, um genau das zu verhindern. Zur Vereidigung war er in Turnschuhen erschienen, der Revoluzzer. In seiner Eitelkeit hängte er sich später irgendwann ein Bild der gemalten Turnschuhe in sein Amtszimmer und wurde immer dicker, anstatt weiter zu joggen. Die Grünen spalteten sich, die Realos gewannen die Oberhand. Realos, also die, welche die Realität in der Politik verkörpern wollten. Sachzwänge, da kann man nichts machen. Politik korrumpiert und so haben sich die Grünen prostituiert und würden wegen des Machterhalts auch mit den Schwarzen regieren. Treu geblieben sind sie sich nur im Verordnen von Verboten. Ansonsten waren ihre Positionen zwecks Machterhalts immer verhandelbar.

CDU und SPD unterscheiden sich nur im Wahlkampf oder in der Opposition. An der Regierung, überholt die SPD die CDU schon mal auf der rechten Seite. Das nennt sich dann Realpolitik, die Politik des Machbaren, die Unterwerfung unter das Kapital. Und die Lobbyisten bestimmen den Weg. Wirtschaftswachstum wird als Götze angebetet, der einzelne Mensch spielt keine Rolle. Das rächt sich jetzt. Das Erstarken des rechten Randes ist eine Folge der Anbetung des Kapitals, dem alles unterworfen wird. Altersarmut nach einem vollen Arbeitsleben, in einer der reichsten Nationen der Welt, in der Manager jährlich Millionen abschöpfen? Da kann sich schon Frust ausbreiten. Welche Partei hat diesen Menschen zugehört? Keine. Hohle Versprechungen vor jeder Wahl. Und so sammeln sie sich jetzt unter der Fahne von nationalistischen Blendern. Sie sind nicht alle rechts, oder nur ein bisschen. In erster Linie sind sie frustriert. Da kommen TTIP und CETA gerade recht, es wird die Reichen noch reicher machen. Verbraucher-, Gesundheits- und Umweltschutz sind deutlich gefährdet, schlimmer als es jetzt ohnehin schon ist. Handel und Wandel gehören zu unserem System. Gier auch. Wenn die etablierten, verkrusteten Parteien zulassen, dass es so viele Verlierer gibt, dann brauchen sie sich auch nicht zu wundern, dass die pöbelnden Straßenkrakeeler sie daran erinnern.

Was ist aus unseren Volksvertretern geworden, oder hat es sie nie wirklich gegeben? Waren wir zufrieden, wenn es uns so einigermaßen gut ging? Früher haben sich die Besitzständler damit begnügt, über die Hartz IV-Schmarotzer herzuziehen, die ohnehin alle nicht arbeiten wollten. Oder man hat den Ausländern vorgeworfen, dass sie uns die Arbeitsplätze wegnehmen. Mit den Flüchtlingen kam eine neue Qualität in die Diskussion, die geschürte Angst vor der Überfremdung. Merkwürdigerweise ist die Angst da am größten, wo der Ausländeranteil am geringsten ist. Offensichtlich ist dort politisch schon vorher einiges in die Hose gegangen. Und nicht nur dort.

Wolfgang Claussen