- Details
- Gesundheit
Nackte Tatsachen
Reaktionsmuster wie vor über 30.000 Jahren
Rücken und Psyche - archaische Reaktionsmuster beim Anblick nackter Personen. Was hat das miteinander zu tun? Auf den ersten Blick vielleicht nichts, es sei denn, beim Sexualakt schlägt die Hexe zu und schießt einem in den Rücken. Soll vorkommen.
Wir, die Krone der Schöpfung, sind ziemlich schlecht an unsere derzeitige Situation angepasst. Wir leben nicht so, wie es unserem Körper guttun würde. Wissen wir eigentlich alle. Aber hilft uns dieses Wissen?
Da beglückt uns „Der Spiegel“ in seiner Oktoberausgabe in einer Titelgeschichte mit der Erkenntnis, dass Dauerstress und verkürzte Muskeln die Ursache für Rückenschmerzen seien.
Ich will jetzt gar nicht darauf eingehen, dass viele innere Erkrankungen die Ursache sein können. Aber, dass die Psyche mit dem Rücken zu tun hat, hat die Uni Kiel bereits vor fast 20 Jahren publiziert. Geändert hat diese Erkenntnis nichts an der normalen Behandlungsweise. Die „Schulmedizin“ erklärt inzwischen auch: Körper, Geist und Seele müssten erfasst werden.
Waren Sie schon einmal wegen Rückenproblemen beim Orthopäden? Hat er Sie nach Geist und Seele gefragt? Oder wurde die Röntgenaufnahme zur Entscheidungsgrundlage?
Übrigens, seit der verstärkten Einführung der bildgebenden Verfahren haben die Fehldiagnosen zugenommen. Erst hatte man beides: das herkömmliche Riechen, Schmecken, Fühlen und Hinschauen und zusätzlich dazu den (Röntgen-)Blick in den Körper. Zusehends wurde auf die Diagnosestellung mithilfe der erst genannten Sinne verzichtet. Diese Fähigkeiten wurden mit der Zeit verlernt. Man begann, sich völlig auf die bildgebenden Verfahren zu verlassen. Erschreckendes brachten amerikanische Studien vor kurzem ans Licht. Lange glaubte man, dass die abgebildeten Strukturen dieser Bilder eine verlässliche Diagnose zuließen. Weit gefehlt, in ganz vielen Fällen hatten die befundeten Bilder mit der erfahrenen Lebensrealität der Probanden überhaupt nichts zu tun. Anhand der Bilder wurde Patienten dieser Studie zu einer Operation geraten, die überhaupt keine Beschwerden hatten. Schade, es wäre doch eine so gute Möglichkeit gewesen.
Rückenprobleme gehören zu den Zivilisationskrankheiten. Unsere körperlichen Reaktionsmuster sind noch die gleichen wie vor 10.000 Jahren. Nehmen wir mal den Schulter- Nackenbereich: Kaum einer hat dort keine „Steine“ satt beweglicher Muskeln. Woher kommt das? Wie schon vor tausenden von Jahren verkürzen wir bei Stress, Angst usw. den Hals. Wir schützen ihn vor „dem Angriff wilder Tiere“. Wann hat ein Tiger das bei Ihnen zum letzten Mal versucht? Und heute? Stress wird ausgesessen, die Zeiträume, in denen wir nahezu reglos am Schreibtisch oder vor dem Computer sitzen, werden immer länger. Das tun wir mit angezogenen Schultern, für den Körper bedeutet eine solche Haltung Stress. Da die Muskeln das aber nicht leisten können, ziehen sie sich zusammen, verkürzen sich und verhärten. Andere Muskelgruppen verkümmern, weil wir sie nicht genügend benutzen. Fehlhaltungen kommen hinzu wie schief stehende Becken und daraus resultierend Verkrümmungen der Wirbelsäule. Mit einer chiropraktischen Behandlung und einem Training für die Rückenmuskulatur lässt sich so etwas in jungen Jahren noch behandeln. Mit zunehmendem Lebensalter wird es aussichtsloser, einen dauerhaften Erfolg zu erzielen. Stellen Sie sich eine s-förmig verkrümmte Wirbelsäule vor, eine sogenannte Skoliose. Auch hier müssen die Muskeln uns irgendwie aufrecht halten, auch hier können sie das nicht, ohne zu verhärten und sich zu verkürzen. Der Druck auf die Wirbelsäule steigt. Nicht nur dort, durch die Fehlhaltungen werden auch andere Gelenke falsch belastet. Für Hüft- und Kniegelenke trifft das oft über Jahrzehnte zu. Ein Zusammenhang wird in der Wissenschaft nicht erforscht. Ist auch nicht nötig, denn mit künstlichen Hüften und „neuen“ Knien lässt sich das lukrativ reparieren.
Es wird zu schnell und zu viel operiert, das stimmt. Das stimmt aber auch schon seit vielen Jahren. Einige wollen sogar herausgefunden haben, dass nach einem Jahr die Beschwerden mit oder ohne Operation die gleichen seien.
Nicht nur im Nacken sind unsere archaischen Muster abzulesen. Finnische Forscher haben jetzt herausgefunden, dass unser Gehirn sehr fortpflanzungsorientiert reagiert. Vor über 30.000 Jahren haben wir angefangen über Bekleidung nachzudenken. Ein kurzer Zeitraum, wenn man die Evolutionsgeschichte betrachtet. So wurde der Reiz des nackten Körpers verstärkt. Sex war und ist wichtig zur Arterhaltung. Bei Versuchen stellte sich heraus, die Schnelligkeit und Verstärkung des Reizes war bei der Betrachtung eines nackten Körpers deutlich höher als bei einem bekleideten oder anderen Bildern, wie z.B. Autos. Je weniger Kleidung, desto stärker der Reiz. Erklärt wird es damit: Wer die Situationen schneller überblickte, hatte bessere Chancen auf Sex und konnte die Umgebung schneller nach Kontrahenten absuchen, um dann um die begehrte Beute zu kämpfen oder das Weite suchen. Allerdings hat sich unser Paarungsverhalten seitdem gründlich verändert. Geblieben sind die uralten Verhaltensmuster. Mal schauen, wie es in 10.000 Jahren aussieht. Eine genetische Anpassung an neue Gegebenheiten dauert sehr, sehr lange.
Interessanterweise waren es bei Männern nur nackte Frauenkörper, bei Frauen waren es beide Geschlechter. Was will uns das jetzt sagen?
Wolfgang Claussen