45 Min - Omas Pillen-Falle

Die Zahl der alten Menschen steigt. Und mit dem Alter auch der Medikamentenkonsum. Doch viele Tabletten helfen nicht immer viel, im Gegenteil: Denn im Alter verändert sich der Stoffwechsel. Medikamente, die bei 40- oder 50-Jährigen gut wirksam sind, haben bei 70-Jährigen plötzlich ganz andere Auswirkungen.

Die Leistungskraft von Leber und Niere nimmt bei älteren Menschen ab. Der Körper braucht länger, um die Substanzen abzubauen. Die Faustregel lautet: Wer mehr als fünf Medikamente einnimmt, läuft Gefahr, dass der gewohnte Pillencocktail den Gesundheitszustand nun sogar negativ beeinflusst.

Meist hat kein Arzt den Überblick über all die verschiedenen Medikamente, die der Patient einnimmt. Denn neben dem Hausarzt schreiben auch Fachärzte den alten Menschen fleißig Rezepte aus. Das kann schwere Folgen haben wie Desorientierung oder Zerstreutheit.

Seit Oktober 2016 haben Patienten, die mehr als drei Medikamente täglich einnehmen, endlich einen Anspruch auf einen sogenannten bundeseinheitlichen Medikationsplan, auf dem alle eingenommenen Präparate aufgelistet werden. Im Idealfall führt der Plan dazu, dass einige der Pillen abgesetzt werden können.

Aber dem Hausarzt fehlt häufig die Zeit, sich länger mit den Wirkungen der einzelnen Arzneimittel untereinander auseinanderzusetzen. Da bedarf es schon des Fachwissens und der Zeit eines Geriaters, einem Spezialisten für die Behandlung älterer Leute. In Krankenhäusern arbeiten zwar schon viele dieser Fachärzte, doch im ambulanten Bereich sind sie bisher wenig verbreitet. Und die Versorgung variiert je nach Bundesland. Besonders groß ist die Unterversorgung mit Geriatern in ländlichen Regionen.

Liselotte Gärtner ist fast 80 Jahre und recht gebrechlich. Sie lebt allein in ihrem Haus in der Nähe von Ueckermünde und nimmt zehn unterschiedliche Tabletten täglich sein. Ihre größte Sorge ist es, dass sie in ein Heim ziehen muss. Ihre Hausärztin Sabine Meinhold ist gleichzeitig Geriaterin. Sie empfiehlt der alten Dame eine spezielle dreiwöchige ambulante geriatrische Reha in ihrer Praxis. Jetzt hat sie die Patientin unter Beobachtung und kann auch die Tabletten überprüfen. In dieser Zeit trainiert Frau Gärtner mit Physio- und Ergotherapeuten, damit sie wieder fit wird und zu Hause wohnen bleiben kann. Dieses besondere Konzept hat die Ärztin gemeinsam mit Krankenkassen entwickelt. Denn aufgrund des demografischen Wandels muss die Versorgung von alten Menschen neu organisiert werden.

Der Film aus der Reihe "45 Min" begleitet unterschiedliche ältere Menschen, spricht mit Geriatern und fragt: Wer behandelt Menschen im Alter? Und wie ist es, alt zu werden?
19.03.2018, 22:00 Uhr, NDR Fernsehen

(NfI)