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Nolde und das Meer – Museum der Westküste in Alkersum auf Föhr
Noch ein Mal Nolde, ist das nicht zu viel? Nach der Fülle der Ausstellungen und Veranstaltungen im vergangenen Nolde-Jubiläumsjahr (zum 150. Geburtstag) mag sich das der eine oder andere Besucher fragen. Schließlich glaubt man, ihn zu kennen, „seinen Nolde“.
Aber nein, es ist nicht zu viel, denn man kennt ihn immer noch nicht gut genug. Mehr als fünfzig Jahre lang hat sich der zwischen den Meeren geborene Künstler mit der Urgewalt und unendlichen Stimmungsvielfalt des Meeres auseinandergesetzt. 78 der präsentierten Exponate stammen aus der Noldestiftung in Seebüll. Und das, was das Museum der Westküste in Alkersum auf Föhr zu der Thematik „Nolde und das Meer“ zu bieten hat, ist nicht nur ausgesprochen umfänglich, sondern auch von der Präsentation her so geschickt portioniert, dass man ganz nach Belieben an verschiedenen Stellen einsteigen und bereits vorhandenes Wissen vertiefen kann, ohne sich erst lange zu den noch unbekannten Passagen durcharbeiten zu müssen.
Natürlich ist die Hängung im großen Saal wie auch in den kleineren farblich wieder wunderbar die Arbeiten unterstützenden Räumen chronologisch. So fällt es dem Betrachter leicht, sich seinen persönlichen Schwerpunkt zu wählen. Audioguides ermöglichen zudem eine selbstbestimmte Führung im eigenen Tempo. Wer gerne weitergehende Fragen stellt, ist jedoch richtig beraten, sich für eine Führung anzumelden. Die gut leserlich an die Wände geschriebenen Noldeworte unterstützen die Wirkung der Bilder hervorragend. Dazu möchte ich folgenden Info-Text (ebenfalls „von der Museumswand“) zitieren: „In seinen Zitaten zielt Nolde immer wieder darauf ab, dass seine Bilder aus dem Inneren, einer tief gefühlten Empfindung oder Stimmung resultieren würden. Ganz besonders dürfte dies auch auf seine Meeresbilder zutreffen. Ob Nolde an der Küste Nordjütlands, am Isefjord auf Seeland, auf Alsen, Sylt oder Föhr weilt und arbeitet - kaum jemals bietet er Lokal identifizierbare Ansichten, zeigt meist nicht einmal Land oder Küste. Vielmehr erscheinen seine tosenden, dräuenden, strudelnden oder sanft geglätteten Wasserimpressionen als Projektionsflächen für das menschliche Innenleben.“ Niemand hat wohl so wie Emil Nolde in einem Farbrausch das Meer bzw. seine Seelenzustände ausgedrückt. Jedenfalls nicht in dieser mengenmäßigen und auch farblichen Intensität mit einer unglaublichen Lebendigkeit und Freiheit. Gewaltige Farbkontraste ballen sich massiv, springen aus noch so kleinen Formaten, behaupten sich gegeneinander. Da türmen sich grasgrüne Wogen mit gelben Kämmen gegen rote Kliffs vor türkisfarbenem Himmel - und das ist erst der Anfang (Steiles Ufer, 1909). Ähnlich dramatische Bilder malt er mit pastos aufgetragener Ölfarbe und starkem Duktus ein Jahr später, genauer gesagt 1910 und 1911 in seiner Bretterbude am Strand der Ostseeinsel Alsen: die „Herbstmeere“. Möglicherweise hat er seine Enttäuschung über die Ablehnung durch die Berliner Sezession im Herbst 1909 und die Trennung von der Künstlergruppe mit in den Schaffensprozess einfließen lassen.
Während die Seebilder aus Nordwestjütland von 1900 noch ein wenig den Pariser Einfluss durch die Impressionisten und Spätimpressionisten spiegeln, den Nolde selbst allerdings immer bestritten hat, zeigen die Bilder spätestens ab 1910 einen ganz eigenen Stil.
1920 beginnt Nolde Aquarelle zu malen und bringt es mit fließender Nass-in-Nass-Malerei auf Japanpapier zu bisher unbekannter Meisterschaft. Unter Einbeziehung von Zufallseffekten gelingt ihm stets eine absolut sichere und überzeugende Komposition. Die Farbwirkung ist noch strahlender.
Mit dem nationalsozialistischen Malverbot 1937 entsteht die Reihe der „Ungemalten“ Bilder, wie Nolde sie selbst betitelt. Auch von diesen ist eine wunderschöne Auswahl präsentiert.
Interessant ist außerdem eine Serie von Aquarellen, die der Künstler während eines Kuraufenthalts seiner Frau Ada in St.Peter/Eiderstedt schuf. Es gibt noch vieles mehr zu entdecken bei einem Besuch dieser Ausstellung, nicht zuletzt auch die Nebenausstellung einer Irrfahrt um Kap Horn, aber das ist ein anderes Thema. Trotzdem muss hier auch gerechterweise der Restauration von Gretjens’ Gasthof, der früher auch die Maler beherbergte und nun dem Museum angeschlossen ist, ein großes Lob für Atmosphäre und Küche ausgesprochen werden, denn so wird der Museumsbesuch zu einem in jeder Hinsicht genussvollen Erlebnis.
Die Ausstellung "Nolde und das Meer" geht noch bis zum 6. Januar 2019.
Andrea Claussen
Veranstaltungen im Museum der Westküste:
Donnerstag, 18. Oktober 2018, 19.30 Uhr: Arved Fuchs – Kap Hoorn & antarktis – Susanne Kessler. Odissea
Mittwoch, 24.10.2018, 9.00 Uhr: Mindful Moments. Kunst & Meditation – Susanne Kessler. Odissea