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Bikertreff bei Annie in Soenderhav
Kein ganz normaler Kiosk
Am Nordufer der Flensburger Förde gegenüber den Ochseninseln in Soenderhav liegt Annies Kiosk. Eigentlich eine ganz normale „Imbissbude", wenn da nicht die beeindruckende Lage direkt an der Flensburger Förde und die gute Qualität der dargebotenen dänischen Leckereien wäre. „Hierauf lege ich großen Wert", versicherte mir Annie bei meinem Besuch an einem ganz gewöhnlichen Dienstagabend in dieser Woche. Doch so ganz gewöhnlich sollte mein Besuch nicht sein, denn als ich langsam auf den Parkplatz fuhr, war dieser so gut wie besetzt. Nicht von PKW, nein eine ganze Armada von Motorrädern beanspruchte die Parkplätze für sich.
Motorradfreaks kommen hier auf ihre Kosten. Suzuki, Kawasaki, BMW, Honda, MV Agusta, Ducati, Harley Davidson und alle in verschiedenen Typen und Ausführungen sind hier zu sehen. „Das kannst jeden Dienstag von ca. 17.00 - bis 22.00 Uhr hier beobachten", sagt mir Annie. Je nach Wetterlage kommen mehr oder weniger Bikes. Letztes Jahr an einem Dienstag im Mai, wurden an einem Abend über 1.000 Motorräder gezählt. In dieser Woche waren es nicht so viele, aber da war das Wetter auch sehr wechselhaft.
Alles begann vor ca. 16 Jahren, als ein kleiner Motorradclub aus Sonderburg regelmäßig am Dienstagabend bei Annie einkehrte. Dieses sprach sich in Bikerkreisen schnell herum und heute kommen die Biker aus ganz Dänemark, Schleswig-Holstein und von noch weiter her zu diesem Treffen. Den weitesten Weg hatte diese Woche ein Biker aus Dortmund auf seiner Harley-Davidson hinter sich.
Wenn die Bikes auf den Parkplatz rollen, die Fahrer eingepackt in ihrer Ledermontur, Helm mit heruntergeklapptem Visier oder schwarzer Sonnenbrille dabei, vermutet der Laie, dass Unheimliches auf ihn zukommt. Um so überraschter ist man dann, wenn die Helme abgenommen werden. Männer und Frauen im überwiegend mittleren Alter, auch jüngere Biker, aber auch Biker und -innen, die schon Großeltern sein könnten, steigen von ihren Maschinen herunter.
Man steht oder sitzt zusammen, blickt über die wunderschöne Flensburger Förde nach Glücksburg, tauscht sich aus, trinkt Kaffee oder nimmt ein original dänisches Hot-Dog oder ein sahniges Softeis zu sich. Es kommen Väter mit der Tochter oder dem Sohn auf dem Sozius oder auch ganze Familien.
„Im vergangenen Jahr machte eine 72jährige Kopenhagenerin ihren Motorradführerschein, hörte dann von diesem Treffen und fuhr an einem Dienstag von Kopenhagen nach Soenderhav, um dabei zu sein", erzählte mir Annie so ganz nebenbei. Das sind mit Hin- und Rückfahrt immerhin ca. 600 Kilometer.
Der dänische Kronprinz Frederik ist hier auch schon gesehen worden. Allerdings nicht auf einem Motorrad. Durchreisende Touristen von Kap Horn bzw. aus Los Angeles machten diese Woche ebenfalls bei Annie Rast. Seit 1966 betreibt Annie nun ihren Kiosk und sie gedenkt noch lange nicht aufzuhören.
„So lange ich Lust habe und die Gesundheit mitspielt, mache ich weiter", sagt mir Annie beim Abschied. Bei meiner Rückfahrt nach Krusau kamen mir weitere Biker entgegen. Die Höchstgeschwindigkeit ist hier auf der Uferstraße auf 60km/h begrenzt und - alle halten sich daran.
Ulrich Boockhoff