KATINGER GEGEN BAU EINER SOLARZELLENANLAGE

Von Landfraß, Irrsinn und Unwirtschaftlichkeit ist die Rede

„Ist hier noch frei?“ „Ja.“ „Sind Sie aus Kating?“ „Nein.“ „Presse?“ „Ja.“ „Dann sitzen wir hier falsch!“ Das Ehepaar neben mir wohnt seit einem halben Jahr in Kating, sie sind unter anderem gekommen, um ihre neuen Nachbarn kennenzulernen. So funktioniert das in Dorfgemeinschaften. Man kennt sich, man trifft sich, man redet miteinander. Und diese Gemeinschaft des Tönninger Ortsteils Kating ist sich einig: Wir wollen hier keine Solarzellenanlage.

Die „Vorhabensträger“ der Anlage hatten zur Bürgerversammlung geladen. Unter anderem wollten sie den Einwohnern eine finanzielle Beteiligung schmackhaft machen. Dafür hatte Hans Detlef Feddersen eine Präsentation vorbereitet. Feddersen ist Landwirt im Friedrich-Wilhelm-Lübke-Koog/Nordfriesland und Geschäftsführer des Bürger-Windparks Lübke-Koog. Auf einer

Fläche von 16 ha soll eine Solarzellenanlage entstehen, die jährlich sechs Millionen KWh „grünen Strom“ liefern soll. Damit könnten 1.500 Haushalte mit Energie versorgt werden. Alle könnten mitverdienen, die Gemeinde durch die Gewerbesteuereinnahmen und die Bürger durch eine Beteiligung an der Anlage. Sein Hauptargument war die Energiewende: „Wenn bis 2020 35% unserer Energie aus regenerativen Quellen kommen soll, dann kann man nicht sagen, Solarzellen ja, nur nicht vor unserer Haustür.“ Punkten konnte er mit diesen Argumenten nicht. Gewerbesteuer würde, wenn überhaupt, dann erst nach Jahren fließen. Rechnen würden sich die Anlagen nur für die Betreiber. Bei einem Anteil von 3% der gesamten Energiegewinnung,  mit 100 Milliarden Euro erkauft, würde die Rechnung nicht aufgehen können. Diese Subventionen würden alle Bürger bezahlen müssen. Angezweifelt wurden auch die Ertragszahlen. Um diese erreichen zu können, müsse die Sonne 24 Stunden am Tag scheinen. Unter 10% der installierten Leistung liege die tatsächlich erzeugte Leistung. Irrsinn, nennt das einer der Zuhörer, unnützen Landfraß ein anderer.

Auch die AG 29, die Arbeitsgemeinschaft der anerkannten Naturschutzverbände in Schleswig-Holstein, spricht sich gegen das Vorhaben aus. „Sargnagel für die Wiesenvögel“, nannte deren Vertreter das Vorhaben. Man sei nicht grundsätzlich gegen solche Anlagen, aber der geplante Standort sei nicht geeignet.

Katharinenheerd hatte im vergangenen Jahr die gleiche Diskussion. Sie hat den Dorffrieden nachhaltig gestört. Diese Anlage wurde nicht gebaut.

Die Financial Times Deutschland schrieb gestern: „Solaranlagen sind der Hit unter Deutschlands Haus- und Hofbesitzern. Die Rechnung dafür bekommt jeder Stromkunde. Die Regierung will schon sehr bald den Boom bremsen.“ Nicht erst im Juli, schon im April sollen große Freiflächenanlagen 30% weniger Vergütung für Strom bekommen. Außerdem soll die Vergütung auf 90% des erzeugten Stroms begrenzt werden. Den Rest müssten die Betreiber dann selbst verbrauchen oder vermarkten.

„Obwohl der Bau von Solaranlagen boomt, hatte es in den vergangenen Monaten Pleiten in der Branche in Deutschland gegeben. Hiesige Unternehmen leiden unter anderem stark unter der Konkurrenz aus Fernost.“

So, wie es aussieht, will die Bundesregierung die 35% regenerativer Energien eben nicht mit Solaranlagen erreichen, vor keiner Haustür.

Am 28. Februar 2012 werden die Tönninger Stadtvertreter entscheiden, wie es mit der Solarzellenanlage in Kating weitergeht.

Wolfgang Claussen


Bei der Stadtvertretersitzung am 28.02. fehlte eine Stimme um den Bau der Solaranlage zu stoppen.