GIGANTEN DER EISZEIT IN GARDING

Europas größte eiszeitliche Ausstellung auf Eiderstedt

Nur noch bis Ende August, denn die Museen, welche einige der Exponate verliehen haben, meldeten Eigenbedarf an. Also, nichts wie hin – es lohnt sich. Durch einen geschwungenen Gang mit Wiedergaben von Höhlenkunst – gemalt, gesprüht und geritzt- gelangt man in den Hauptraum, der auf einer Fläche von 1200 Quadratmetern eingerichteten Ausstellung mit internationalen Exponaten.

Man hat ja schon Skelette und Fotos von Mammutnachbildungen gesehen, aber so direkt Auge in Auge mit einer der beeindruckenden Nachbildungen zu stehen, ist etwas ganz anderes. Mulmig kann einem auch beim Anblick der Säbelzahntiger und Höhlenlöwen werden, wo hingegen der 3 Meter hoch aufragende Höhlenbär aus Jesolo (Venetien/Italien) trotz seines weit geöffneten Rachens und gut bestückten Gebisses zum Kuscheln verleitet. „Auch die ganz Kleinen dürfen ihn anfassen“, so unsere freundliche Führerin, Lioba Schmid. Das mag an dem im Verhältnis riesigen Kopf liegen, der ein Teddy-Feeling (Kindchenschema) aufkommen lässt. Und doch war dieser Koloss genau so proportioniert, weil seine Körper wie die aller anderen Tiere auf originalen Skelettfunden basiert. Der absolute Höhepunkt waren die beiden „Moorleichen“, Nachbildungen von Mammutbabys aus Russland, die vor 35000 und 40000 Jahren in Wasserlöchern ertranken.

„Die Tiere konnten in den extremen klimatischen Bedingungen überleben, weil sie wesentlich mehr Muskelmasse aufwiesen als ihre heutigen ‚Nachkommen’ und, mal ganz abgesehen von ihrem dichten Fell.“ Schon eigenartig, ein riesiges Nashorn, dessen kleineres Horn schon Ausmaße hat die dem großen eines heutigen Tieres entsprechen, und das dazu noch mit dichter „Wolle“ bedeckt ist.

Ähnlich auch die dargestellte Neandertalerfamilie aus Frankreich. Die Gesichter sind nach Originalschädeln rekonstruiert - kriminaltechnisch. „Genau so hat es diese Menschen einmal gegeben“, nur dass sie nicht wirklich aus einer Familie stammten: eine Mutter, ein Junge, ein Alter, ein Jäger. Die Nomadenfamilie vor ihren „Tipi“ um ein Feuer sitzend und davon erhellt, sodass die Arm- und Beinbehaarung deutlich wird. Vier Tage brauchten die Fachleute aus Paris, um die meisterhafte „Maske“, eine verblüffend natürlich wirkende Farbgebung zu erzielen.

Anders die knackigen italienischen „Höhlenbewohner“: Sie tragen einen heißen Fellschurz, der aber selbst im Eiszeitsommer nicht angebracht gewesen wäre, und ob sie sich tatsächlich einer Keule bedient haben, mag dahingestellt sein. Immerhin gibt es in Südengland die vorzeitliche Darstellung eines Keulenriesen (Cerne Abbas Giant) als freigekratzte Kreidespur auf einer Hügelflanke in Wiltshire, nicht weit von Stonehenge.

Neu waren für uns vor allem naturgetreu als Dreiviertelreliefs aus dem lehmigen Höhlenboden heraus gestaltete Tierfiguren , völlig realistisch, im Gegensatz zu gewollt abstrakt gehaltenen Schmuck- und Kultfiguren.

Kinder und Jugendlichen wird übrigens in einem breiten museumspädagogischen Angebot die Gelegenheit gegeben, einige Techniken selbst zu erproben.

Thomas Janssen, seines Zeichens „Heimleiter, technischer Direktor und Organisator spricht von ca. 600 Besuchern am Tag, das schlechte Wetter in den vergangenen Wochen brachte recht gute Besucherzahlen, er hätte jedoch auf mehr Unterstützung in puncto Werbung durch St.Peter gehofft ... nun ja, wenn die Ausstellung das nächste Mal gezeigt wird – Florenz wird als Standort gehandelt – wird der Zulauf sicher größer sein. Wir jedenfalls waren begeistert.

Andrea Claussen

Fotos: Wolfgang Claussen