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Nordart - eine Reise in eine andere Welt
Heute ist die Eröffnung in Büdelsdorf
Es ist, als ob man einen Kopf beträte. Vorstellungen und Gedankenbilder, Träume und Albträume tauchen auf, verschwinden wieder, werden von neuen Bildern überlagert. Die riesigen Hallen der ehemaligen Carlshütte bieten ungeheuer viel Raum für Bilder jeden Formates, Skulpturen und Installationen. Manches imponiert allein schon durch seine Ausmaße.
Die riesige Tafel aus Stahlguss, an der eine Reihe überlebensgroßer Schweine es sich säuisch wohlergehen lassen, hat eine zweimonatige Reise aus China im Container hinter sich und empfängt vor einer roten Hintergrundwand den Besucher mit einem drastischen Vorhalten des Spiegels. Wer mit dieser Fabel gemeint ist, kann sich der Betrachter selbstverständlich aussuchen. Vielleicht würde der Künstler sonst auch schon nicht mehr leben. Vielleicht Huxleys Animal Farm?
Der mongolische Pavillon, sonst in der Wagenremise untergebracht, nimmt jetzt die Räume und Gänge rechts der ersten Halle ein und umfasst auch den Bereich der "Empore". Er stellt laut Inga Aru vom Planungskomitee die umfangreichste Ausstellung mongolischer Kunst außerhalb der Mongolei dar. Sehr unterschiedlich kommt sie daher: von einigen eher traditionellen Werken wie Seidenmalerei und von der Schule des sowjetischen sozialistischen Realismus beeinflussten Gemälden zu Experimenten wie Malerei mit rußender Kerze, Körperabdrücken auf Baumwollbatist oder Mischtechniken als Tafelbild oder Plastik mit Pferdehaar. Überhaupt wird die tragende Rolle des Pferdes immer wieder deutlich. Zwei eindrucksvolle Installationen mit Steigbügeln, drei alte Holzkisten in gelegten Steinkreisen symbolisieren mit anderen Gegenständen zusammen alles, was ein Mongole zum Leben braucht.
Vier sich fast auflösende Formen stellen Reiterfiguren dar, die unheimlich auf ein uns unbekanntes Ziel losstürmen, apokalyptisch. Eine Riesenplastik konnte erst vor Ort montiert werden. Die "Beine" bilden vier menschliche Körper, darüber eine große eiförmige Last, alles aus etwas, das wie dicker rostiger Draht aussieht.
Drei sehr schöne Objekte schuf ein koreanischer Künstler. Er brachte Schrauben und Nägel auf durch Feuer geschwärzte Holzquadrate, bzw. eine "Säule", schlug sie um und schliff sie zur Hälfte ab. Das Ganze wirkt wie eine ästhetische Geheimschrift.
Ein Schwerpunkt wird wieder durch Künstler aus Osteuropa, besonders aus den baltischen Ländern und Polen, aber auch aus Russland, Tschechien und einigen Balkanländern gebildet. Zudem kommen verschiedene Künstler aus Chile. Spannend auch die Bilder von ägyptischen Künstlern. Es ist unmöglich, alles an einem Tag zu erfassen und zu würdigen. Alleine den fast schon "vollen" Skulpturenpark und die Wagenremise konnten wir nicht mehr "schaffen". Aber die Ausstellung dauert noch bis zum 4.10.15 und so bleibt genügend Zeit für einen oder zwei weitere Besuche.
Andrea Claussen