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Restrisiko Mensch
Nur Kriminelle fürchten sich vor der Datenkrake
Der ewig gleiche Trick. Wer sich gegen die Kontrollkrake der Konzerne und ihrer Vasallen, der Politiker, stellt, wird kriminalisiert. Die Volkszählung von 1983 scheiterte noch, als die Politik richtig in der Privatsphäre herumschnüffeln wollte - Erwerbs- und Wohnsituation, die Bögen sollten in Anwesenheit eines Zählers ausgefüllt werden.
Es formierte sich Protest, selbst namhafte Persönlichkeiten beteiligten sich. Das Bundesverfassungsgericht stoppte schließlich die Datensammelwut. Wie kam es dazu? Ein Hauptgrund für das Scheitern der Zählung war die nicht rechtzeitige Kriminalisierung der Datenverweigerer. Da war man 1987 besser vorbereitet, öffentliche Boykottaufrufe galten als Straftat. Bei Razzien wurden kritische Druckschriften beschlagnahmt. Der Student Bernd Drücke wurde zu 750 Mark Strafe verurteilt, weil er das Buch „Restrisiko Mensch“ verkauft hatte, in dem zum Boykott aufgerufen wurde.
Man hat daraus gelernt. Abgesehen davon, dass viele ihre Daten überall freiwillig preisgeben, in sozialen Netzwerken oder mit den verbreiteten Kundenkarten, ist die Datensammelwut ungebrochen. Und dabei geht es nicht um die geheimdienstliche Schnüffelei gegen die eigenen Bürger, es geht um die totale Kontrolle. Der neu geplante Coup: Abschaffung des Bargelds. Keine Fahrkarte, keine Hotelübernachtung oder kein noch so banaler Einkauf würde mehr verborgen bleiben. Vorbei die Zeiten, in der die Schnüffler noch Mülltonnen durchforsten mussten.
Und die Argumente?
In Spiegel Online war zu lesen: Der Wirtschaftsweise Peter Bofinger hält eine Abschaffung des Bargelds für sinnvoll. "Bei den heutigen technischen Möglichkeiten sind Münzen und Geldscheine tatsächlich ein Anachronismus", sagte der Ökonom dem "Spiegel". Bargeld erschwere den Zahlungsverkehr "ungemein". Als Beispiel nannte Bofinger die verlorene Zeit, "wenn Leute vor Ihnen an der Ladenkasse nach Kleingeld suchen und die Kassiererin nach Wechselgeld".
Die Kassiererin wird ohnehin abgeschafft, der Kunde soll seine Ware selbst an einen Barcodescanner halten und kann dann am Terminal zahlen. Die Ladendetektive werden bleiben.
Vielleicht auch eine notwendige Folge, weil die Deutschen sich durch die niedrigen Geburtenraten selbst abschaffen? Das Personal wird knapp. Und jetzt Bofingers Ansatz: Durch die Abschaffung des Bargeldes hätten Schwarzarbeit und Drogendeals, die ja logischerweise mit Bargeld abgewickelt werden, keine Chance mehr. Im Klartext, nur Kriminelle brauchen Bargeld. Logischerweise ist derjenige, der sich dieser bahnbrechenden Idee entgegenstellt, ein potenzieller Krimineller. So einfach ist das.
Auch die Banken sind begeistert. Bargeld verhindert, dass in Niedrigzinsphasen Negativ-Zinsen erhoben werden können. Schweizer Pensionsfonds haben bereits ihr Geld abgehoben und sie verstauen es in eignen Tresoren. In einer Übergangsphase könnte man nur noch 5-Euro-Scheine ausgeben, für die kleinen Alltags-Transaktionen der Alten und Armen, so der Chefökonom Willem Builter der Citigroup. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten berichten, dass der Chef-Analyst der Baader Bank, Robert Halver, als Folge der Einführung von Negativ-Zinsen die Abschaffung von Bargeld in zahlreichen europäischen Staaten sieht. „Wenn Bargeld abgeschafft wird, kann sich auch niemand mehr gegen Negativ-Zinsen oder deren Erhöhung wehren, so Halver. Die Furcht der Regierenden vor einem Bank-Run ist groß.“
Die Banken kann das vor dem nächsten großen Crash bewahren. Dort wird uneingeschränkt mit nicht vorhandenem Geld jongliert. Früher gab es für einen Dollar einen Gegenwert in Gold. Das wurde klammheimlich abgeschafft, jetzt ist es nur noch Papier, dessen Wert schlagartig gegen Null gehen kann. Würden 30% der Bankkunden ihr Bargeld, das sie ja sicher auf der Bank verwahrt wissen, abheben, dann wären die Banken konkurs. Das Geld existiert überhaupt nicht. Würde das Bargeld jetzt abgeschafft werden, hätten die Banken ein riesiges Problem weniger, sie könnten ihre Luftgeschäfte bis zum Exzess treiben.
Dänemark hat bereits angekündigt, dass dort der Annahmezwang für Bargeld in vielen kleinen Läden, Restaurants oder an Tankstellen abgeschafft werden soll.
Und wir sollten uns nichts vormachen, diese Kontrolle wird nur den „kleinen Mann“ betreffen. Die Eliten, die ohnehin in einem eigenen Universum leben, werden nicht betroffen sein. Sie haben schon immer eigene Kanäle gehabt, um ihre Geschäfte zu verschleiern. Auch heute werden riesige Werte hin- und hergeschoben, deren Weg sich nicht nachvollziehen lässt.
Jetzt wäre es an der Zeit, dass George Orwell sich mal in seinem Grab umdreht. Es kommt schlimmer, als er sich ausmalen konnte.
Restrisiko Mensch - nur er stört noch die ungehinderte Ausbreitung der Kraken. Ein lösbares Problem.
Wolfgang Claussen