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Der Preis der Heilung - Über Pharmakonzerne und das Leid der Patienten
ARD radiofeature
Die Preispolitik von Pharmakonzernen bringt die Finanzierbarkeit des Gesundheitswesens in Deutschland und vielen anderen Staaten in Gefahr. Denn die Pharmabranche verfolgt seit einiger Zeit eine Hochpreis-Strategie von ganz neuer Qualität.
Profitmaximierung sorgt dafür, dass Patienten lebenswichtige Therapien möglicherweise vorenthalten werden. Diesen Vorwurf erheben Fachleute aus Medizin und Krankenkassen immer lauter, und sie fordern immer eindringlicher, dass die Bundesregierung gegensteuert. Doch aus dem Gesundheitsministerium heißt es, man sehe keinen dringenden Handlungsbedarf.
Das ARD radiofeature "Der Preis der Heilung - Über Pharmakonzerne und das Leid der Patienten" von Nikolaus Nützel zeichnet am Beispiel des Hepatitis-C-Medikaments "Sovaldi" nach, wie Pharmakonzerne ihre staatlich garantierten Monopole nutzen, um Preise durchzusetzen, die sich mit einer üblichen betriebswirtschaftlichen Kalkulation nicht begründen lassen. Zu hören ist es ab Mittwoch, 27. Januar 2016, in sieben Wort- und Kulturwellen der ARD und im Internet unter www.radiofeature.ard.de.
Ein Patient berichtet in dem Feature, wie er lange Zeit Angst hatte, keine Behandlung für seine chronische Leberentzündung zu bekommen, weil sich die Therapiekosten auf 60.000 bis 80.000 Euro summieren. Eine Angst, die nach Einschätzung von Ärzten durchaus begründet ist, auch wenn in Deutschland offiziell alle Patienten die Behandlung erhalten sollen, die sie brauchen. Doch die enormen Kosten lassen viele Ärzte davor zurückschrecken, neue, sehr teure Arzneien zu verordnen, berichten Mediziner und auch die Organisation "Ärzte der Welt".
Der Vorsitzende der Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft, Prof. Wolf-Dieter Ludwig, hält auch in anderen Krankheitsbereichen die Preispolitik der Pharmabranche für nicht mehr hinnehmbar. Für neue Krebsmedikamente werden Preise verlangt, die sich nach Ansicht des obersten Arzneiexperten der Bundesärztekammer in keiner Weise rechtfertigen lassen. Ludwig warnt: "Das kann unser Gesellschaftssystem, unser Gesundheitssystem nicht tragen."
Eigentlich sollen seit einigen Jahren strengere Gesetze die Preispolitik der Pharmakonzerne im Zaum halten. Doch nach Ansicht der Krankenkassen und auch vieler Fachleute nutzen die Firmen eine Gesetzeslücke. Diese erlaubt es, Preise im ersten Jahr nach der Markteinführung völlig frei festzulegen. Das Bundesgesundheitsministerium antwortet auf die Frage, ob diese Lücke geschlossen wird, mit der Auskunft, die Pharmaindustrie brauche gute Produktionsbedingungen. Die Entwicklung werde von der Regierung aber beobachtet.
Nach Ansicht des Münchner Medizinethikers Prof. Georg Marckmann macht es sich die Regierung damit viel zu leicht. Der Leiter des Instituts für Ethik, Geschichte und Theorie der Medizin der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität warnt, dass durch die Preispolitik der Pharmabranche "möglicherweise Patienten sterben oder zumindest einen erheblichen gesundheitlichen Nachteil haben".
Nikolaus Nützel, Jahrgang 1967, arbeitet seit 1995 als freier Journalist vor allem für den Bayerischen Rundfunk und andere ARD-Anstalten. Seit 1998 hat er sich in seiner Berichterstattung auf das Gesundheitswesen spezialisiert. Der Absolvent der Deutschen Journalistenschule und der Uni München gewann zahlreiche Medienpreisen, unter anderem den Publizistikpreis der Stiftung Gesundheit.
Sendetermin:
NDR Info Sonntag, 31. Januar 2016, 11:05 Uhr
(NfI)