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Abschied von einer „Institution“
Der Husumer Wochenmarkt findet in großer „Ausgabe“ jeden Donnerstagvormittag und in kleiner jeden Sonnabend auf dem Marktplatz um den Tinebrunnen, auf den breiten Bürgersteigen der Großstraße und auf der „Roten Pforte“, dem Bereich des ehemaligen Busbahnhofs, statt.
Hier finden die Käufer aus der Stadt und dem Umland, dazu zahlreiche Feriengäste, fast alles, was man essen kann, aber auch einiges andere.
Schon früh um 7.00 Uhr sind die meisten Stände aufgebaut, um 8.00 geht es dann so richtig los, bis 13.00 Uhr. Gegen 7.30 nutzen einige der Händler die kurze Pause für einen Becher Kaffee und einen Plausch über Wetter, Straßenverhältnisse, Neuigkeiten und/oder auch Politik. Dann geht es los.
Viel früher auf den Beinen als Einheimischen müssen diejenigen sein, deren Weg vom Wohnort bis zum Markt die Kreisgrenzen überschreitet. So auch Frau Steenbock und ihre Tochter, die aus Neumünster über Jahrzehnte — seit Ende der Achtzigerjahre — nach Husum gekommen sind, um uns mit Kurzwaren zu versorgen.
Gekommen sind….Sie haben sich nicht verlesen! Anfang Dezember stand ihr Wagen mit den vorgelagerten Tischen zum letzten Mal in der Großstraße kurz vor dem Schloßgang.
Frau Steenbock wird jetzt achtzig und schafft es gesundheitlich nicht mehr, morgens früh um 4.00 Uhr aufzustehen, um nach Husum zu fahren. Da der schwere Wagen nicht so schnell wie ein PKW gefahren werden kann, ist ihrer Tochter der weite Weg so früh am Morgen zu gefährlich, weil sie fürchtet, dass sie ohne „Gesellschaft“ am Steuer einschlafen könnte. Daher wird man die beiden mit ihrem über 1000 verschiedenen Waren nur noch samstags in Heide oder dienstags und freitags in Neumünster antreffen können.
Ein großer Verlust für alle Nähbegeisterten in Nordfriesland und alle, denen für die eine oder andere Reparatur genau eine bestimmte Nadel oder ein spezieller Reißverschluss fehlen. Auch Bordüren, Spitzenbänder, Schleifen, Kordeln, Schnüre, Gardinenringe, allerlei Scheren, unglaublich viel Näh- und andere Garne unterschiedlicher Qualität, und Dinge, deren Bedeutung sich dem Laien nicht gleich erschließen.
Hier wurde man immer freundlich beraten und bezahlte nur wenig für Dinge, die im Kaufhaus gar nicht oder nur abgepackt erhältlich sind. Auch ist mir kein Spezialgeschäft mit einer derartigen Auswahl an „loser“ Ware bekannt. Die jetzt entstandene Lücke wird sich noch schmerzlich bemerkbar machen. Trotzdem wünscht Nordfriesen.Info den beiden Damen Gesundheit und alles Gute für das neue Jahr. Wer weiß, vielleicht sieht man sich doch einmal in Neumünster oder Heide.
Andrea Claussen