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Schöne neue Welt
Dominum terrae
Millionen von Jahren existiert unsere Erde. Vor etwa zwei Millionen Jahren ist der Mensch dazugekommen. Durch die Beherrschung des Feuers verbesserten sich die Lebenschancen, kältere Klimazonen konnten besiedelt werden. Die Nahrung bestand hauptsächlich aus Früchten, Wurzeln und Kleintieren. Nomadisierende Sammler und Jäger wurden irgendwann sesshaft, Ackerbau und Viehzucht begannen.
Vor ungefähr 10.000 Jahren wurde begonnen, auf und unter der Erde Pflanzen zu züchten. Die Erfindung des Pflügens steigerte die Erträge erheblich.
Die Welt war sicher kein besserer Ort, aber die Natur war intakt. Das änderte sich mit der industriellen Revolution, verstärkt im 19. Jahrhundert. Diese hat die gesellschaftlichen Strukturen tiefgreifend verändert. Arm und Reich gab es schon, aber kapitalistische Unternehmer und das lohnabhängige Proletariat waren neu. Die industrielle Revolution führte zu einer schnelleren Entwicklung in Technik und Wissenschaft und damit zu einer Loslösung von der bis dahin kaum angetasteten Natur.
Und heute? Familienstrukturen haben sich aufgelöst, mit Gesetzen wird versucht, Generationenverträge „sozial verträglich“ hinzubekommen. Die Folge ist eine größer werdende Altersarmut und Einsamkeit.
Wälder sterben und Tierarten sterben aus. Boden, Luft und Grundwasser werden verseucht. Die Meere sind zu Müllkippen verkommen. Das Wasser, unsere Lebensgrundlage, verschwindet in privater Hand. Große Konzerne und Banken stecken ihre gierigen Hände in unsere Taschen. Es nennt sich Globalisierung, wir werden entmündigt. In allen Lebensbereichen.
Nahezu unbemerkt schleicht sich Mikroplastik in den Naturkreislauf. Duschgel oder Zahnpasta enthalten Mikroplastik, der Abrieb von Fleecepullovern, all das gelangt in unsere Kläranlagen. Es bindet Schadstoffe an sich und kommt so ungefiltert in unsere Nahrungskette.
Wortschöpfungen sollen die wahren Absichten vernebeln. Ein Freihandelsabkommen, von dem angeblich alle profitieren sollen, wird benutzt um nationales Recht auszuhebeln, es der Gerichtsbarkeit zu entziehen.
Im Verhältnis zum Alter unserer Welt haben wir das jetzt bestehende Maß an Zerstörung in einem Sekundenbruchteil „geschafft“.
Dominum terrae. Die Natur beherrschen, sie sich untertan machen. Das hebräische Wort kabasch wurde bisher mit „untertan machen“ übersetzt. Es hat aber auch die Bedeutung von „dienstbar, urbar“ machen. Die Natur beherrschen zu wollen, ist eine Illusion, das zeigen die großen Naturkatastrophen immer wieder. Inwieweit der Mensch an den Katastrophen beteiligt ist, wird die Zukunft zeigen, Teile davon sind bereits sichtbar.
Die Entwicklung zur „schönen neuen Welt“ ist nicht mehr aufzuhalten.
Wolfgang Claussen