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Aus dem Paradies verbannt und im Schlaraffenland gelandet
Der Apfel vom Baum der Erkenntnis hat die Menschen einst aus dem Paradies vertrieben. Was hat den Menschen diese Erkenntnis eingebracht?
Sie erkannten, dass sie nackt waren und flochten sich Feigenblätter zu Schürzen. Im Schweiße seines Angesichts sollte der Mann sein Brot essen, bis dass er wieder zur Erde werde, davon er genommen sei. Der Acker war verflucht und er sollte sich mit Kummer davon nähren, sein Leben lang. Das Weib sollte mit Schmerzen Kinder gebären, es sollte Verlangen nach seinem Mann haben und der Mann sollte ihr Herr sein. Das sind also unsere christlichen Wurzeln, 1. Mose 3.
Lange Zeit wurde nach diesem göttlichen Strafwillen verfahren. Frauen waren weitestgehend rechtlos und Arbeiter mussten im Schweiße ihres Angesichts das Brot verdienen. Daneben gab es die Eliten, das Kapital, die die Regeln vorgaben, auch die christliche Kirche half dabei, diese Zustände zu erhalten.
Noch 1966 entschied der Bundesgerichtshof: „Die Frau genügt ihren ehelichen Pflichten nicht schon damit, dass sie die Beiwohnung teilnahmslos geschehen lässt. Wenn es ihr infolge ihrer Veranlagung oder aus anderen Gründen (...) versagt bleibt, im ehelichen Verkehr Befriedigung zu finden, so fordert die Ehe von ihr doch eine Gewährung in ehelicher Zuneigung und Opferbereitschaft und verbietet es, Gleichgültigkeit oder Widerwillen zur Schau zu tragen. Denn erfahrungsgemäß vermag sich der Partner, der im ehelichen Verkehr seine natürliche und legitime Befriedigung sucht, auf die Dauer kaum jemals mit der bloßen Triebstillung zu begnügen, ohne davon berührt zu werden, was der andere dabei empfindet.“
In den 1960er und 1970er Jahren änderte sich unsere Gesellschaft. Das Individuum rückte mehr in der Vordergrund. Gewerkschaften wurden stärker und Frauenrechte rückten in den Fokus. Das Wirtschaftswunder bescherte den Menschen Arbeit und einen gewissen Wohlstand.
Bis zum Zweiten Weltkrieg haben Kriege gewütet, die mit wenigen Jahrzehnten Abstand die Länder Europas verwüsteten, mit schlimmsten Gräueltaten, Rassenwahn, Mord und Vergewaltigung.
Nach über 70 Jahren „Frieden“ ist das alles vergessen, da helfen auch keine jüdischen Museen oder KZ-Gedenkstätten. Unbeteiligt wird unsere eigene Geschichte allenfalls zur Kenntnis genommen. Wir tragen keine Schuld, uns widerfuhr die Gnade der späten Geburt. Was uns aber eigentlich nicht davon abhalten muss, Lehren aus dieser Geschichte zu ziehen. Konsum ist das goldene Kalb, um das herumgetanzt wird. Billig muss alles sein, Teilhabe und ein Recht auf Konsum, auch ohne eigenes Zutun, werden eingefordert. Nicht genug, dass unsere Sozialsysteme ein Überleben garantieren, die Forderung nach mehr steht immer im Raum. Das Kapital folgt diesen Wünschen, Billigimporte aus Ländern, in denen unter menschenunwürdigen Umständen produziert wird, Massentierhaltung und Politiker, die sich von Lobbyisten vorführen lassen.
Angst macht sich breit, dass Flüchtlinge in unsere Sozialsysteme wandern. Dass die Krake Pharmaindustrie unsere Krankenkassen plündert, interessiert niemanden. Die Verflechtungen sind zu kompliziert, Flüchtlinge sind greifbar. Obwohl kein Hartz IV-Empfänger vor der Flüchtlingswelle mehr Geld bekommen hätte und jetzt keinen Cent einbüßt, werden solche Parolen vom rechten Rand ausgegeben und das nichtdenkende Volk plappert das bereitwillig nach. Besitzstandswahrung wird ein immer wichtigeres Thema, das sich jetzt auch langsam in der Mitte der Bevölkerung breitmacht. Nur, unser Besitz wird nicht durch die Flüchtlinge gefährdet, Banken, Pharmaindustrie und Großkonzerne plündern ganze Gesellschaften aus, niemanden reißt das vom Sofa. Aktuell hat sich die Deutsche Bank mit illegalen Immobiliengeschäften in Schieflage gebracht. Allen Dementis zum Trotz wird der Steuerzahler das gegebenenfalls bezahlen müssen. Dinge werden so produziert, dass sie nach kurzer Zeit kaputt gehen. Schuhe haben inzwischen eine Lebensdauer von drei Jahren, Smartphones gehen schon nach kürzerer Zeit kaputt und selbst Unterhosen sind nach kurzer Zeit durchgescheuert. Die Lebensmittelindustrie betrügt bei Verpackungen oder panscht Olivenöl. Wasservorräte werden von Großkonzernen weltweit aufgekauft, Wasserwerke von denen übernommen. Niemanden interessiert das. Banken zocken um das große Geld und verspielen alles, die Steuerzahler kommen für den Schaden auf. Jammernde Milchbauern, die am großen Rad des Welthandels mitdrehen wollten und daran jetzt zu scheitern drohen. Es ist nicht ihre Schuld, die Verbandsfunktionäre haben ihnen dazu geraten. Selber Denken ist unerwünscht.
Kriege, an denen sich auch Deutschland beteiligt, führen zu millionenfacher Flucht aus den Kriegsgebieten. Die paar, die jetzt hier ankommen, sollen uns dann in Armut stürzen und uns überfremden. Deren kopftuchtragende Frauen gefährden den sozialen Frieden, Nonnen, die das gleiche tun, werden wenigstens übersichtlich in Klostern gehalten. Zugegeben, die Welt ist komplizierter geworden. Wo der Feind ist, ist in der globalisierten Welt nicht mehr auszumachen. Monsanto oder Bayer sind abstrakte Begriffe, die nicht richtig fassbar sind. Früher gab es noch relativ übersichtliche Strukturen, hier der arbeitende Mensch und dort die Kapitalisten.
Überall auf der Welt toben die Kriege und hier entwickelt sich ein immer größer werdender Egoismus. Das Anspruchsdenken geht so weit, dass das eigene Denken nur noch eine untergeordnete Bedeutung hat. Deshalb spielen auch Fakten keine Rolle mehr. Täglich sterben Menschen den Hungertod oder werden im Bombenhagel getötet. Selbst vor Krankenhäusern oder Hilfsorganisationen machen diese Kriegsverbrecher nicht halt. Das geht uns nichts an, wir leben auf einem Eiland des Friedens mit Smartphone und Flachbildschirm, auf dem wir uns teilnahmslos täglich von diesem unsäglichen Leid berieseln lassen. Wir haben das vermeintliche Recht im Schlaraffenland leben zu dürfen und Feindbilder sollen helfen, dieses Ziel zu erreichen. Die Politiker machen vor, dass diese Vorgehensweise zum Ziel führt. Wer seine Daten nicht preisgeben möchte, steht sofort im Verdacht, ein Krimineller zu sein. Wer die kriminellen, niederträchtigen Geheimnisse der Machthaber aufdeckt, wird erbarmungslos verfolgt. Beifallsklatschend wird den Hasspredigern dieser Welt zugejubelt. Und eines darf dabei natürlich nicht vergessen werden: Das ist alles Merkels Schuld, jemand muss die Schuld haben. Wenn sie denn endlich Abtritt, kann der dicke Gabriel ja unsere Welt retten. Oder besser noch, wir lassen die Stammtische entscheiden und dann ziehen wir Stacheldrahtzäune um unser Schlaraffenland.
Der Zusammenstoß mit der Dummheit gehört zu den qualvollsten Leiden des Lebens (José Ortega y Gasset).
Wolfgang Claussen