Jan Niksiński im „Kunstraum Friedrichstadt“

Wie vieles im Leben, und das gilt auch für das Künstlerleben von Jan Niksiński aus Warschau, ergibt sich die Wahl eines Ausstellungsortes durch scheinbar zufällige Begegnungen. Man hat Künstlerfreundschaften in verschiedenen Ländern, besucht Symposien und Workshops. Dort begegnet man wieder neuen interessanten Menschen aus ganz anderen Gegenden oder Ländern.

Dieses Mal war es Wien, wo die Fäden zusammenliefen.

Hier lebt ein Freund des Künstlers, der auch im Besitz einiger seiner Arbeiten ist. Jan Niksiński besuchte ihn zu einer Vernissage in Wien. Zu dieser Vernissage erschien auch Frau Hanna von Kunhardt, gebürtige Grazerin, die den Künstler auch zuhause besuchte und dabei auf Niksiński und seine Arbeiten aufmerksam wurde.

So kam es zu einer Einladung, im „Kunstraum“ Friedrichstadt, dem ehemaligen Naturkostladen, auszustellen. Dieser befindet sich in der Obhut von Frau von Kunhardt, die gleich gegenüber in der Westermarktstraße 20 wohnt.

Große und kleine Arbeiten des 1952 in der Nähe von Warschau geborenen Künstlers machen sich sehr eindrucksvoll an den weiß getünchten Wänden der zwei Räume des ehemaligen Ladengeschäftes. Eine Couchecke und ein runder Tisch bieten Platz zum Verweilen und Diskutieren. Leider hatten wir nur eine Dreiviertelstunde. Das ist nicht viel, um einen Künstler mit so reichen Erfahrungen und so interessanter Geschichte kennenzulernen.

Immerhin gelang das im Ansatz. Natürlich sprechen die Bilder Niksińskis auch für sich. Trotzdem war es ein Erlebnis, ihm Fragen zu stellen und zuzuhören.

Niksiński liebt Acrylfarbe und das Spiel mit unterschiedlichen Materialen. Er bevorzugt Holz und Leinwand als Malgrund. Japanpapier und Fotokopien, Stoffreste und Stäbe werden verklebt und übermalt oder bereits Gemaltes wieder überklebt, auch zerschnitten, z.T. sitzt ein alter Keilrahmen umgedreht auf einer neuen Leinwand.

Darauf wird mit dünner Acrylfarbe lasiert, mit Kreide oder Farbstift weiter gearbeitet.

Der Künstler hat jahrzehntelang Fotos, die ihm etwas bedeuteten, gesammelt, sei es, um sie weiter zu verarbeiten oder als Anregung. Auch Filme wie „Langer Weg nach Westen“ über die drei Jahre andauernde Wanderung eines tibetanischen Mönches bis nach Nizza beeinflussten ihn und ließen eine Bildidee entstehen.

Ebenso wie die in den Wüstensand Afrikas gezeichneten Fußballfelder der Kinder und Jugendlichen zur Zeit der WM in Südafrika. Aus beobachteter Realität werden Versatzstücke entnommen und zu Zeichen destilliert. Insgesamt bleibt jedoch der Eindruck von abstrakter, überwiegend ungegenständlicher Malerei haften. Bis auf ein kräftiges Rot hier und da ist Niksińskis Palette, was diese Ausstellung betrifft, eher zurückgenommen. Es dominieren Grautöne und Taubenblau, dunklere Nachtfarben, „Nebelschleier“, mal ein seltenes Ocker, kaum ein Grün.

„Fast immer“, so der Künstler, „male ich ein kleines Bild, wenn ich ein großes fertig habe. So hat jedes große Bild von mir einen kleinen Bruder.“

Dann kommt er auf Warwara zu sprechen. Einen Ort, den er und seine Frau schon seit ihrer Studentenzeit besuchen. Hier in Bulgarien, nahe der türkischen Grenze bildete sich in den Siebzigerjahren eine Nische, wo Hippies und Künstler aus dem Osten und aus dem Westen zusammenkamen. Auch heute noch besteht diese bescheidene, aber besondere Künstlerkolonie. „Der Mond wie eine halbe Wassermelone. Eulenschreie. Schwalben auf den Telegrafenleitungen. Eselsschreie wie Flugzeugmotoren. Klarinettenmusik. Trommeln, Dudelsack von weither. Eine traurige Melodie von Strandza. Das ist es, was unser Dorf am Spätnachmittag ausmacht. ...“ so beginnt die Beschreibung dieses besonderen Ortes in dem 2014 herausgegebenen Katalog mit dort entstandenen Arbeiten von Jolanta und Jan Niksiński und drei weiteren Künstlern. Einfach, unverfälscht, bescheiden, herzlich und echt. Kein Ort, der Gefahr läuft, vom Massen- oder auch nur normalem Tourismus überschwemmt zu werden. Eben „Kein Ort für jeden“, wie jemand auf das Ortsschild gesprayt hat.

Hier machte Jan Niksiński mit ein oder zwei dünnen weißen Stäben, die er über besondere Stellen auf Felsen legte, Land-art. Die Fotos davon im Katalog lieferten mir die Erklärung für die immer wieder in seinen Bildern auftauchenden Grate oder „stocksteifen“ Linien, die besondere Akzente setzen.

Schade, dass die Ausstellung schon am 15.7. zu Ende sein wird.

Andrea Claussen