Interview mit dem LandArt-Künstler Wolfgang Buntrock

Wolfgang Buntrock ist einer der renommiertesten LandArt-Künstler Deutschlands. Seine Werke, die in ganz Europa zu sehen sind, beziehen sich auf die Umgebung, in der sie entstehen – zumeist auf Landschaften.

Buntrock lotet dabei stets aufs Neue unser Verhältnis zur Natur aus, aber auch die vielen Widersprüche im Umgang mit ihr. Dies geschieht auf ebenso subtile wie vielfältige Weise. Nach Jahren der Vorbereitung ist es der Ede-Sörensen-Stiftung gelungen, Wolfgang Buntrock zu einem LandArt-Projekt nach Husum zu holen. Im Schlosspark sollen große, begehbare Baumhüllen aus Totholz entstehen, die unter anderem daran erinnern, dass auch Schleswig-Holstein einst von Wäldern bedeckt war.

Wie würden Sie Ihre Kunst in kurzen Worten definieren?

Ich schaffe Kunstwerke, die eigentlich immer die Landschaft zum Thema haben. Ist das kurz genug?

Dann ist diese Kunstform also heute – in Zeiten des Klimawandels wichtiger denn je?

Es ist immer lohnend, in ein enges Verhältnis zu treten mit der Landschaft, die einen umgibt. In Zeiten des Klimawandels müsste jedes Landschaftskunstwerk ein Aufschrei sein. Allerdings: Das Schreien liegt mir nicht so. Ich versuche, unüberhörbar zu flüstern.

Sie haben Landschaftsarchitektur studiert und lange in diesem Beruf gearbeitet. Heute sind Sie als Künstler unterwegs. Wie kam es dazu? Und wo ist die Verbindung?

Ich habe Gartenbau studiert, mit einer Spezialisierung auf Obstbau. Ich bin Agraringenieur, hatte also zunächst eine ziemlich naturwissenschaftliche Ausbildung. Ich hatte aber immer eine große Liebe zum Handwerk und zum Gestalten. So habe ich vom Obstbau eine Abzweigung genommen zur Landschaftsarchitektur und dann 15 Jahre später nochmal eine Abzweigung zur Landschaftskunst.

Haben Sie immer schon ein besonderes Verhältnis zur Natur gehabt. Wie würden Sie dieses aktuell beschreiben?

Ja, vielleicht habe ich ein engeres Verhältnis zur Landschaft und den Lebewesen darin als manch ein anderer. Das hat sich noch einmal verstärkt, als ich vor 20 Jahren an den Rand eines kleinen Dorfes zog, mitten in die niedersächsische Landschaft. Meine rechten Nachbarn sind Pferde, meine linken Kühe und hinten auf meinem Grundstück wühlen die Wildschweine.

Ihre Arbeiten beziehen sich – wie Sie schon sagten – unmittelbar auf die Umgebung, wollen kein Widerpart, sondern Teil eines Ganzen sein. Warum ist Ihnen das so wichtig?

Wenn ein Künstler eine Skulptur an einen Ort stellt, dann muss die Kraft seiner Kunst nur aus dieser Skulptur selbst kommen. Das ist hart und schwer – für den Künstler. Ich versuche, ein Landschaftskunstwerk an einem Ort zu schaffen, wo Landschaft und Kunstwerk eng miteinander verbunden sind. Wenn mir das gelingt, wird das Kunstwerk riesengroß und riesenstark, weil es die gesamte Umgebung mit einschließt. Ich finde, die Baumhüllen in Husum sind ein gutes Beispiel dafür: Das Kunstwerk ist so groß wie Nordfriesland – mindestens.

Nicht zuletzt durch ihre – ich nenne das mal – begrenzte Halbwertzeit verweisen Ihre Arbeiten auf die dynamischen Prozesse der Natur, letztlich auf Werden und Vergehen. Ist das bereits ein Teil der Botschaft oder die Botschaft selbst?

Darauf möchte ich etwas unromantisch antworten: Ich finde meine Landschaftskunstwerke in dem Moment am schönsten, wenn sie gerade perfekt fertig gebaut sind. Den Prozess des Verfalls finde ich interessant, aber ich würde nicht sagen, dass er ausgesprochen Teil meiner Kunst ist. Was ich hundertprozentig gut finde: Nach drei Jahren Standzeit werden die Baumhüllen entfernt und der Rasenplatz im Schlosspark ist genau so wie er vorher war – die Baumhüllen nur noch eine Erinnerung...

Und wohin geht es als nächstes? Wartet schon eine neue Kunst-Baustelle“ auf Sie?

Ja, wir bereiten gerade ein spannendes Projekt vor:

Eine Gruppe von Berufsschülern Fachrichtung Metallbau baut eine Skulpturengruppe auf ihrem Schulgelände. Das ist im Innenstadtbereich von Hannover, im öffentlichen Raum. Die künstlerische Idee stammt von mir, die bauliche Ausführung machen die Schüler mit ihren Berufsschullehrern. Wir alle zusammen entwickeln dann beim Bauen die konkrete Form der Skulpturen im Detail. Baumaterial: Rundstahl. Das Ergebnis wird ein großmaßstäbliches Kunstwerk im öffentlichen Raum sein, auf das die Berufsschüler sehr stolz sein können. Darauf freue ich mich!

(NfI)