Die Welt, wie wir sie verstehen

Wir leiden an Informationserschöpfung. Burnout. Das Internet ist ein unerschöpflicher Quell an Wissen. Und es erschlägt uns.

Willkürlich aneinandergereiht finden wir Nachrichten über Bombenanschläge, Kriegsverbrechen, Naturkatastrophen, Stars und Sternchen, Ekelfernsehen und politisches Versagen.

Kriege werden zu chirurgisch präzisen Operationen schöngefärbt. Dass Millionen von Zivilisten dabei niedergemetzelt werden, Krankenhäuser zerbombt werden, sind immer mal wieder eingestreute Randnotizen, ein wenig Empörung muss schon sein. Die breite Blutspur dieser Kriege wird nie zum Hauptthema werden. Kollateralschäden eben, millionenfach. Es wird gefoltert, vergewaltigt und gemordet. Man mag einfach nicht mehr hinschauen, abgestumpft werden diese Schreckensmeldungen noch so eben wahrgenommen.

Erinnert sich noch jemand an die Tiger Force der Amerikaner? Das war eine Sondereinheit der amerikanischen Streitkräfte im Vietnamkrieg. „Zu ihren Verbrechen gehörten Diebstähle, Brandschatzungen, Vergewaltigungen, die Folterung Gefangener, massives Maschinengewehr-Feuer auf bewohnte Dörfer, das Zielschießen auf Zivilisten, die wahllose Erschießung von Bauern, die Ermordung von zufällig angetroffenen Menschen, Zu-Tode-Prügeln von Wehrlosen, Einzel- und Gruppenexekutionen, die absichtliche Tötung von Alten, Kranken, Behinderten und Frauen, das Erdolchen, Skalpieren, Bajonettieren und Strangulieren, die Enthauptung eines Babys, die Verstümmelungen von Leichen sowie das Schmücken mit Leichenteilen“ (Wikipedia). Niemand dieser Kriegsverbrecher wurde angeklagt.

Heute werden sogenannte Nichtregierungsorganisationen dafür bezahlt, in anderen Ländern Regierungen zu destabilisieren. Sie sind mit Milliardenetats ausgestattet. Psychologische Kriegsführung wird auch gegen das eigene Volk eingesetzt. Und es funktioniert.

Das Volk ist an Politik nicht mehr interessiert, es zählt nur noch der eigene Mikrokosmos. Konsum ist die neue Freiheit, der alles untergeordnet wird. Und Sicherheit wird eingefordert, gerade in Zeiten des Terrorismus. Eine trügerische Sicherheit, denn Totalüberwachung verhindert keine Anschläge. Dafür spielt die völlige Selbstaufgabe der Privatsphäre denen in die Hände, die das Volk kontrollieren wollen.

Es geht um den Machterhalt der Eliten, dieser kriminellen Vereinigungen, welche die Welt unter sich aufgeteilt haben. Die bereit sind, für den eigenen Machterhalt und für Rohstoffe Kriege anzuzetteln. Kriege sind auch nur eine Kosten-Nutzen-Rechnung, die Rüstungsindustrie feiert. Seit dem letzten Weltkrieg sind 20 bis 30 Millionen Zivilisten in diesen Profit-Kriegen umgekommen.

Und unsere Politiker? Sie sind willfährige Handlanger dieser Eliten. Lobbyisten bestimmen die Richtung, ausgestattet mit Hausausweisen für Regierungsgebäude. Ihre einzige Aufgabe besteht darin, die Interessen der Großkonzerne durchzusetzen. Mit großen Worten wird behauptet, dass alle Macht vom Volk ausgehe. Schließlich leben wir in einer Demokratie. Allerdings ist dies eine sogenannte repräsentative Demokratie. Das heißt, es wird alle paar Jahre gewählt, dann können die gewählten Vertreter machen, was sie wollen. Wenn sie Mist machen, können sich nicht einfach wieder abgewählt werden. Sie werden für ihre Taten auch nicht zur Rechenschaft gezogen. Wenn sie es persönlich zu arg getrieben haben, müssen sie manchmal zurücktreten. Aber nicht, wenn sie den Betrügern der Großkonzerne das Betrügen erst ermöglicht haben. Der VW-Skandal zeigt in Deutschland, dass hier mit staatlicher Unterstützung betrogen wurde. Das Verkehrsministerium hatte dem TÜV untersagt, die Betrugssoftware zu untersuchen. Gesundheitsgefährdende Dreckschleudern mit dem Segen der deutschen Politiker. Bei der Aufarbeitung hat das Kraftfahrtbundesamt eine unrühmliche Rolle gespielt und die Berichte mit den Konzernen abgestimmt. Und für jeden gemachten Dreck darf das gemeine Wahlvolk aufkommen.

Dazu hat uns der Lobbyismus ein völlig marodes Gesundheitssystem beschert. Hygiene ist ein Kostenfaktor, so tötet deren Profitgier die Patienten. Europaweit gibt es pro Jahr 2,6 Millionen Krankenhausinfektionen, 91.000 Menschen sterben daran. Die letzten Antibiotika, die hier noch helfen könnten, werden in der Tiermast verwendet, um das Fleisch schneller auf den Markt zu bringen. Wann auch diese Medikamente unbrauchbar werden, ist damit abzusehen. Zu wenig Personal in den Kliniken, völlig überlastete Ärzte und unnütze Operationen, die ebenfalls nur der Profitmaximierung dienen. Überteuerte Medikamente mit zweifelhaftem Nutzen überschwemmen den Markt. Die Pharmaindustrie steckt mehr Geld in die Werbung als in die Forschung. Jetzt soll wenigstens der Abrechnungsbetrug der Ärzte per Gesetz verboten werden.

Könnte man sich drüber aufregen oder erst mal eine Runde shoppen gehen.

Sozial entwurzelt bröselt jeder vor sich hin. Identitätsstiftende Gemeinschaften gibt es nicht mehr, ein guter Nährboden für rechte Ideologien. Das ist die Stunde der Populisten, der Heilsbringer, sie schüren Ängste, appellieren an unsere niederen Instinkte, befeuern Fremdenfeindlichkeit und Ausländerhass. Wenn uns schon nichts mehr eint, schweißt uns wenigstens diese diffuse, dumpfe Angst zusammen.

Die Informationsflut ist erdrückend, sie gibt uns das Gefühl, über alles Bescheid zu wissen. Zusammenhänge gehen dabei verloren und trotzdem glauben wir, dass wir die Welt verstehen. Könnte eine bestimmte Absicht dahinterstecken?

Wolfgang Claussen