Ein Besuch in Goslar

Es kommt nicht immer vor, dass man einen Ort, den man vor mehr als 20 Jahren zuletzt besucht und in guter Erinnerung behalten hat, auch beim folgenden Besuch faszinierend findet. So erging es uns mit Goslar, das wir als schöne alte Stadt erinnerten, dessen harmonischer Aufbau uns aber so gar nicht mehr gegenwärtig war.

Hinzu kam, dass wir aus einer Fahrt im Dauerregen plötzlich ins Trockene kamen und von unserem Eckzimmer im ersten Stock des Gästehauses den direkten Blick auf Teile des Marktes und das mittelalterliche Rathaus hatten.

179 Jahre nach der Krönung Karls des Großen wird Goslar erstmalig urkundlich erwähnt. Es gab im Laufe der Jahrhunderte an die 400 Königspfalzen auf deutschem Boden. Zwischen ihnen lagen etwa 30 km, die Strecke konnte man in einem Tagesritt zurücklegen, auch mit einem über 100 Pesrsonen starken Gefolge. Jede Pfalz hatte mindestens einen Palas, eine Kapelle und einen Gutshof aufzuweisen für Unterbringung und Rechtsprechung, Seelenheil und leibliche Versorgung, die zum Teil auch durch die Jagd in den dem Kaiser vorbehaltenen „Bannforsten“ bestritten wurde. Zum speziellen Reichtum Goslars trug besonders der Abbau von Buntmetallen im Bergwerk Rammelsberg bei. Bis 1988 wurden hier über 1000 Jahre lang Gold, Silber, Blei, Kupfer und Zink abgebaut, aber auch seltene Mineralien wie Goslarit (ein Zinkvitriol), das Sulfat Römerit, Azurit, Calcit, Turmalin und mehr. Seit 1992 gehört das Besucherbergwerk zum UNESCO Weltkulturerbe, ebenso wie die Stadt, deren Bedeutung im Mittelalter zeitweise an die einer Hauptstadt reichte. Als zunehmend bevorzugter Aufenthaltsort der Kaiser „Heinrich II, III und IV“ belastete sie die Finanzen der sächsischen Fürsten trotz vieler einträglicher Rechte und Handelsmöglichkeiten so sehr, dass es unter der Herrschaft Heinrichs IV zur Wahl zweier Gegenkönige kam, die sich aber letztendlich nicht halten konnten, nachdem Heinrich den Kampf um die Investitur der Bischöfe gegen den Papst verloren und in Canossa die unrühmliche Versöhnung stattgefunden hatte.

Hierzu lesen sich auf hohem Niveau unterhaltend die fantastisch recherchierten Romane von Rebecca Gablé „Das Haupt der Welt“ und „Die fremde Königin“.

Im Anschluss Impressionen eines Spaziergangs durch Goslar, eine Bilderfolge mit Fotografien von Wolfgang Claussen.

Andrea Claussen