Günther Pfeiffer „Zeichnungen“

Ein Meister der Linie in der Stadtbibliothek Husum

Sie sind beeindruckend, die z.T. lebensgroßen Portraitzeichnungen des Hattstedter Künstlers Günther Pfeiffer. Vor etwas über 82 Jahren kam er in Kölzin an der Schaale zur Welt, verbrachte aber nach der Flucht und zwei Nachkriegswintern in Wittbek den größten Teil seiner Kindheit in Ostholstein.

Auf dem Gymnasium in Cismar wurde sein engster Freund der Sohn von Wilhelm Martin Busch. Den Bekannten Illustrator konnte er deshalb des Öfteren beim Zeichnen beobachten. „Das möchtest du auch können“, sagte sich der 12-Jährige und begann, in Kunstbänden nach Vorlagen zu suchen. Dabei fiel seine Wahl auf Albrecht Dürer, den er fleißig kopierte, fasziniert von der Möglichkeit der Linie. Schulische Unterstützung durch einen Kunstpädagogen erfuhr er aus Lehrermangel in Cismar nicht. Auf der Oberstufe in Oldenburg auch nicht, da der Kunstlehrer dort - ein Grimm-Schüler aus Hamburg- ausschließlicher Verfechter der abstrakten Malerei war. Dieser ließ deutlich durchblicken, dass Günther Pfeiffer mit seinem klassischen Ansatz keine Chancen hätte, auf der Kunsthochschule angenommen zu werden. Ergo folgte ein Studium der Anglistik und der Kunstgeschichte an der Christian-Albrechts-Universität in Kiel. Das Zeichnen wurde zunächst zu Gunsten des Theaterspielens mit der Studentenbühne an den Nagel gehängt. Diese neue Leidenschaft nahm er auch mit in die Realschule Nord nach Husum, wo er etliche jungen Menschen in seinen freiwilligen Theatergruppen intensiv im Spielen und vor allem im Sprechen schulte. Ich erinnere mich an das -t im Auslaut.

Aber, die Lust am Zeichnen kam in den 70er-Jahren wieder auf, als er nämlich mit dem Werk des Hamburger Künstlers Horst Janssen in Berührung kam. Janssen großes Vorbild, seine grafische Meisterschaft, erweckten in Günther Pfeiffer als neue künstlerische Komponente den Mut zu lavierten Federzeichnungen, von denen drei kleinere Arbeiten auch in der aktuellen Ausstellung zu sehen sind. Während der späten Siebziger und in den Achtzigern zeichnete er vor allem Stillleben, von den hier die Boxhandschuhe am Treppenaufgang sprechen. Dann kamen gleichermaßen Portraits und Landschaften in Zeichnungen und Aquarellen mit verhaltener Farbigkeit, oft auch auf getöntem Papier in bräunlichen Nuancen. Bei den meisten Portraits zeichnete er mit Bleistift oder dunkler Kreide und höhte, d.h. betonte die Lichtflecken, mit weißem Stift, bzw. bei Aquarellen oder Gouachen mit Deckweiß. Betty Edwards Buch "Drawing on the right side" brachte ihm neue Erkenntnisse und eine Lockerung im Strich. Sein Wissen gab er auf Kursen im Rahmen des BDK (Bundes Deutscher Kunsterzieher) oft weiter und entwickelte dazu ein großartiges mehrseitiges Anleitungsmanuskript zur Anatomie des Kopfes. Ihm sei an dieser Stelle für die vielen ehrenamtlichen Stunden auf den Gebieten Kunst und Theater gedankt. Ich denke an seine Briefmarkenreihe „Verdienter Lehrer des Volkes“, Abschiedsgeschenke an scheidende Kollegen, natürlich mit Portrait.

Ende der Neunzigerjahre begann Günther Pfeiffer mit Alkyd-Ölfarbe zu malen, aber das ist eine andere Geschichte.

Seine Ausstellung in der Stadtbibliothek Husum ist, wie der Titel schon sagt, der reinen Zeichnung gewidmet. Am Freitag, dem 5.8. wird sie um 18.30 Uhr eröffnet und ist bis zum 26.10.22 zu den Öffnungszeiten der Stadtbibliothek zu sehen.
Mo., Di., Fr. 10.00 - 18.00 Uhr
Mi. Geschlossen
Do. 10.00 - 19.00 Uhr
Sa. 10.00 -13.00 Uhr

Andrea Claussen